Sahra Wagenknecht - Aufstand für Frieden (Foto: IMAGO, IPON)

"Zwei Minuten": Die Kolumne zum Wochenende

Meinung: Geschätzt, verschätzt, Hauptsache viel

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AUTOR/IN
Jan Seidel

Wenn Leute zusammenkommen, ist das für die Teilnehmer meist ein schönes Erlebnis. Oft gibt es aber auch Diskussionen: Wie viele sind wir eigentlich und wer hat Recht? Das kann dann auch anstrengend werden, findet unser Kolumnist Jan Seidel.

Es ist schon merkwürdig. Auch, wenn man sonst gut gucken kann - manchmal verschätzt man sich doch kolossal.

Da steht man oben auf einer Bühne, ist so ein bisschen begeistert von sich selbst, guckt sich um - und dann weiß man: Das sind 50.000 Leute, die hier jetzt vor dieser Bühne stehen und mir zujubeln. Wenn nicht noch mehr!

Die Kolumne von Jan Seidel können Sie hier auch als Audio hören:

Und dann kommt die Berliner Polizei und sagt: Nee, wir waren mit dem Hubschrauber oben drüber unterwegs, wir haben das gefilmt und dann ausgewertet - das sind eher so 13.000.

Man kann jetzt über die Berliner Polizei ziemlich viel sagen - aber man muss anerkennen: Wenn es um Demonstrationen geht, sind das Profis. Da sind noch Leute dabei, die haben damals schon die erste Love Parade auf dem Ku’Damm geordnet. Egal: 50.000 - sagen die Leute oben auf der Bühne.

Jan Seidel steht im Gang eines SWR-Gebäudes (Foto: SWR, © SWR/Christian Koch, honorarfrei - Verwendung gemäß der AGB im Rahmen einer engen, unternehmensbezogenen Berichterstattung im SWR-Zusammenhang bei Nennung Bild: SWR/Christian Koch (S2+), SWR Presse/Bildkommunikation, Baden-Baden, Tel: 07221/929-24429, foto@swr.de)
Die Meinung von Jan Seidel

Witzig ist, dass dieses Problem mit den Zuschauerzahlen offenbar vor allem Leute haben, die sehr unzufrieden sind mit dem System. Dieselbe Debatte hat vor einiger Zeit der frühere US-Präsident Donald Trump nach seiner Amtseinführung losgetreten. Erinnern Sie sich? Das war damals schon skurril und niemand dachte, dass jemand nochmal eine ähnlich alberne Diskussion führen möchte, aber wir leben in verrückten Zeiten.

Kann natürlich auch sein, dass die Leute oben auf der Bühne nicht mehr ganz so gut gucken können und sich einfach getäuscht haben. Ich glaube, da waren einige ältere Semester dabei – und wir wissen: Es ist nicht immer einfach, zuzugeben, dass man nicht mehr so ein Adlerauge hat wie früher. Manche sagen sogar, die Leute oben auf der Bühne waren auf einem Auge blind, aber da bewegen wir uns wahrscheinlich eher im Metaphorischen.

Macht nichts, die Leute oben auf der Bühne bleiben dabei: Es waren 50.000, und zwar mindestens - und auch egal, was alle anderen sagen.

Ich sage Ihnen vor allem eins: Wichtig ist, dass die Ukraine die Russen wieder aus ihrem Land bekommt. Und wir ihnen mit Waffenlieferungen helfen. Damit wir weiter frei auch über den größten Schwachsinn diskutieren können. Und zur Not halt auch über sowas.

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