Soziologinnen und Soziologen warnen in einer Das Wissen (früher SWR2 Wissen) -Ausgabe davor, Menschen in Generationen einzuteilen. Also in Boomer, Millennials, Generation Z oder Alpha. Generationen seien eine Erfindung. Wer zu dieser Kategorie greift, verstärke Vorurteile und Stereotypen. „Generationen verbindet viel mehr, als sie trennt“, so die Conclusio der Sendung.
Diese Statements bedienen meine Vorbehalte gegenüber der Soziologie als schwatzhafte Wissenschaft mit Minderwertigkeitskomplexen. Meines Wissens behauptet niemand, dass der Generationenbegriff ein wissenschaftlicher sei wie die Metamorphose zum Schmetterling oder die Selbstbestäubung bei Schneeglöckchen. Der Begriff hilft, unterschiedliche Prägungen und Einstellungen von Menschen zu verstehen. Nicht weniger. Nicht mehr.
Andere Sozialisation unter Merkel als unter Kohl
Es macht nach meinem Dafürhalten einen Unterschied, ob jemand mit „Schweinchen Dick“, „Benjamin Blümchen“ oder „Prinzessin Lillifee“ groß wurde. Ästhetik und Inhalte unterscheiden sich jeweils stark. Und ob die politische Sozialisation in die Regierungsjahre von Helmut Kohl, Gerhard Schröder oder Angela Merkel fiel. Zurecht weisen die Soziologen darauf hin, dass Älterwerden mit allen Generationen Vergleichbares macht. Und jede Generation ein Flohzirkus ist. Doch das wiegt, glaube ich, die unterschiedliche Prägung nicht auf.
Die Warnung der Wissenschaftler, das Denken in Generationen verstärke Vorurteile und Stereotypen, erscheint mir dem Zeitgeist geschuldet, der Unterschiede zwischen Menschen einebnen und wie ich meine: kleinreden will. Nein, Generationen ticken nun einmal nicht gleich. Ihre natürliche Begegnungsform ist die Reibung. Die Boomer zum Beispiel haben eine politisch glückliche Jugend gehabt und die Millennials können sich ihren Arbeitsplatz aussuchen wie das Gericht auf der Speisekarte. Vorurteile? Tatsachen!