Die Johanniter-Unfallhilfe im Kreis Ludwigsburg wehrt sich gegen Gaffer bei Unfällen. Ihre Rettungswagen tragen jetzt einen QR-Code, der bei Handy-Filmern die Meldung "Gaffen tötet!" aufploppen lässt. Sanitäter berichten von sogenannten Gaffer-Trauben, die um Verletzte herumstehen und Erste-Hilfe-Maßnahmen behindern. Auf der Gegenfahrbahn bremsen Voyeure ab oder halten sogar an, was zu Auffahrunfällen führt.

Bisher dachte ich, Gaffer seien einfache Persönlichkeiten, die echtes Blut sehen wollen oder eine "lebendige Leich'". Die Notfallpsychologin Marisa Przyrembel, die für die Johanniter Motive von Gaffern erforscht, weiß es besser. Wer gafft, klärt für sich, was los ist, und ob eine Gefahr für ihn und seine Sippe besteht. "Evolutionsbiologisch war das ein klarer Überlebensvorteil", so die Wissenschaftlerin. Außerdem gehe von einem Unfall eine "magische" Anziehungskraft aus. "Niemand schaut nicht hin", so die wissenschaftliche Auswertung von Augenbewegungen in typischen Gaffer-Situationen.
Die Forschungen machen das Gaffen nachvollziehbarer, aber nicht besser. Rettungskräfte werden nervös, wenn ihnen unzählige Menschen zusehen und sie filmen. Die Anfälligkeit, Fehler zu machen, steigt. Die "Gaffen tötet!"-Meldung soll Umstehende aus ihrem Ur-Reflex reißen, zur Vernunft bringen. Ich hätte noch eine Idee, eine bundesweite Plakataktion mit zwar gestellten, aber lebensechten Szenen an einem Unfallort. Irgendwann haben sich hoffentlich auch hartnäckige Voyeure an Blutlachen und abgetrennten Körperteilen sattgesehen.