Gerhard Leitner (Foto: SWR, Oliver Reuther)

"Zwei Minuten": Die Kolumne zum Wochenende

Die Heile Welt des Sports

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Gerhard Leitner

In diesen Tagen freuen wir uns über schöne Bilder von glücklichen Gewinnern bei den Olympischen Winterspielen. Aber wie in einem Spiel wird von den Verantwortlichen getrickst, gelogen und betrogen, um den schönen Schein zu wahren, meint Gerhard Leitner.

Gut, dass es das internationale olympische Komitee gibt. Es kümmert sich um uns und versorgt uns noch bis zum 20. Februar mit dem Spiel: "Heile Welt des Sports". Gerade in diesen Zeiten tut das gut.

Gewinnen und verlieren

Wir sehen glückliche Gesichter strahlender Gewinner. Und das Gute: ich selbst muss mich nicht einmal einen Zentimeter bewegen. Die kämpfen und schwitzen für mich und das alles in Hochglanz HD. Natürlich gibt es auch Verlierer, die Bruchteile von Hundertstelsekunden zu langsam waren, und dann vier Jahre lang umsonst trainiert haben. So ist das Leben halt: gewinnen und verlieren.

Die Kolumne von Gerhard Leitner können Sie hier auch als Audio hören:

Aber weil die ganze Veranstaltung mittlerweile etwas oldschool ist - der Ursprung der Olympischen Spiele der Antike liegt vermutlich im 2. Jahrtausend v. Chr. – hat man die Spielidee jetzt verfeinert. Die Sportler spielen zwar weiter eine wichtige Rolle. Aber ergänzt wird das Ganze mit ein paar interessanten Charakteren.

"Bösewicht aus dem Reich der Mitte"

Da ist zum einen der "Bösewicht aus dem Reich der Mitte". Seine Aufgabe ist es, alle Schattenseiten auszublenden, die den schönen Schein trüben könnten. Er muss dafür sorgen, dass die Zuschauer nicht übermäßig belästigt werden. Zum Beispiel mit dem Thema Doping. Oder, dass keiner mitbekommt, wie sehr die Sportler Corona- und Überwachungsbedingt eingepfercht sind. Da kann der Bösewicht vergleichsweise einfach Punkte sammeln.

Wie aber schafft er es, den schönen Schein zu wahren, während die Gegner in seinem riesigen Reich, zum Beispiel die Uiguren in Umerziehungs- und Arbeitslagern misshandelt und gefoltert werden. Wie schafft er es Hongkong auszublenden, wo gerade das Licht der Demokratie erloschen ist. Oder das geknechtete Tibet. Da wird es also schwierig für den Bösewicht in „Heile Welt des Sports“ – zumal er das zusätzliche Handicap hat, dass er bis zum Spielende lächeln muss – weil er sonst sein Gesicht verliert. Und das gibt in China zusätzlichen Punktabzug.

"Die Organisation"

Weiterer Mitspieler: "Die Organisation". Sie muss einerseits dem Bösewicht helfen und gleichzeitig so tun, als ginge es um Sport – eine der schwierigsten Prüfungen. Wer dabei Rückgrat zeigt – der fliegt sofort raus. "Die Organisation" darf sich auch mit schmierigen Politikern und Diktatoren einlassen – so stehts in den Spielregeln.

nn (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/AP | Jae C. Hong)
nn picture alliance/dpa/AP | Jae C. Hong

Und dann sind da ja noch die Sportler. Die sorgen zunächst mal für die Kulisse, können aber von den Zuschauern Zusatzpunkte bekommen, wenn sie Stellung beziehen - müssen aber damit rechnen, dass dann der Bösewicht zuschlägt. Der kann jeden Kritiker beispielsweise mit einem positiven Corona-Test aus dem Spiel werfen.

Gewinner ist, wer es bis zum Ende am besten schafft, den schönen Schein zu wahren. Eine fast unlösbare Aufgabe. Aber ich freue mich jetzt schon auf die nächste Ausgabe von "Heile Welt des Sports". Im Herbst gibt’s ein update. Das nennt sich "Fußball WM 2022 in Katar", mit vielen neuen lustigen Charakteren.

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