Anfang August hatten sie zuletzt groß in Berlin demonstriert - Gegner von Schutzmasken und Kontaktbeschränkungen, Leugner des Virus allgemein und Kritiker der Regierung. Nach eigenen Angaben waren mehr als eine Million Demonstrierende auf der Straße des 17. Juni. Die Berliner Polizei geht eher von 20.000 Menschen bei der Demo aus.
Eine Neuauflage der GroßdDemo hat der Berliner Senat verboten. Bei dem zu erwartenden Teilnehmerkreis sei mit Verstößen gegen die geltende Infektionsschutzverordnung zu rechnen, teilte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) mit.
Innensenator: "Wir haben uns für das Leben entschieden"
Die Versammlungen am 1. August hätten gezeigt, "dass die Teilnehmenden sich bewusst über bestehende Hygieneregeln hinweggesetzt haben", sagte Geisel. "Wir müssen zwischen dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit und dem der Unversehrtheit des Lebens abwägen. Wir haben uns für das Leben entschieden." Versammlungsfreiheit bedeute nicht, sich über geltendes Recht hinwegsetzen zu können, sagte Geisel.
"Die Anmelder der Versammlungen, die Anfang August in Berlin stattfanden, haben ganz bewusst die Regeln gebrochen, die sie vorher in Gesprächen mit der Polizei akzeptiert hatten - dazu gehörten das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und das Einhalten des 1,5-Meter-Abstands."
Initiatoren von "Querdenken 711" kündigen Klage an
Anmelder der Demonstration unter dem Motto "Berlin invites Europa - Fest für Freiheit und Frieden" ist erneut die Initiative "Querdenken 711" des Stuttgarter Unternehmers Michael Ballweg. Er kündigte an, juristisch gegen das Verbot vorzugehen, und sprach von einem feindlichen Angriff auf das Grundgesetz.
Ballweg warf Geisel vor, es gehe ihm "nicht um infektionsschutzrechtliche Befürchtungen, die seine eigene Polizeibehörde nicht teilt, sondern ausschließlich um die Gesinnung der Teilnehmer". Mit der Polizei habe man nämlich "die Problematik der Hygienekonzepte gut und kooperativ abgestimmt".
Unterstützung von AfD im Bundestag
Der Rechtsanwalt der Initiative, Ralf Ludwig, kündigte an, dass man notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen werde. Unterstützung erhielt die Initiative von der AfD im Bundestag. So kritisierte der AfD-Innenexperte Gottfried Curio, das Verbot sei eine "offene Abschaffung der Grundrechte".
Juristische Entscheidung wohl erst kurz vorher
Ob die große Demonstration am Samstag stattfindet oder nicht, wird voraussichtlich ein Gericht erst kurz vorher entscheiden. Die Polizei ist nach eigenen Angaben auf alle möglichen Szenarien vorbereitet. Ein Sprecher des Innensenators kündigte an, man werde auch vor das Oberverwaltungsgericht ziehen, um das Verbot durchzusetzen.
Wendt: Polizei wird trotz Verbots mit Verstößen rechnen müssen
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, geht davon aus, dass die Polizei auf jeden Fall mit Verstößen rechnen muss. Die Stimmung der Gegner von Corona-Vorschriften sei bekanntlich angeheizt, sagte Wendt im SWR. Er glaube nicht, dass die Polizei weniger zu tun haben werde. Im Interview erklärt Wendt, welche Aufgaben auf die Polizei zukommen könnten.
Polizei soll konsequent durchgreifen
Für den Fall, dass es trotz des Verbots größere Ansammlungen von Menschen oder wie angekündigt Zeltlager geben sollte, kündigte Innensenator Geisel ein konsequentes Einschreiten der Polizei an. Er werde es nicht noch einmal hinnehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht werde, so der SPD-Politiker. Er erwarte eine klare Abgrenzung aller Demokratinnen und Demokraten gegenüber denen, die unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit die Demokratie verächtlich machten.