In Belgien, Spanien oder Großbritannien hätte ich heute frei. Dort wird am Montag der Maifeiertag nachgeholt, weil er in diesem Jahr auf einen Sonntag fiel. Politik und Wirtschaft streiten auch im Südwesten darüber, ob nachgeholte Feiertage - 2022 wären es drei - volkswirtschaftlich verkraftbar sind. Ich frage mich: Wer hätte eigentlich etwas davon?
Kritik von der SPD Wenn der Feiertag auf einen Sonntag fällt: BW-Ministerin spricht sich gegen das Nachholen aus
Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut ist dagegen, Feiertage zu verschieben, die auf Sonntage fallen. Im EU-Vergleich habe Deutschland die kürzeste Jahresarbeitszeit.
Zweifellos wären es verdiente Geschenke für die alleinerziehende Mutter mit drei Kindern oder für Menschen, die zum Lebensunterhalt mehrere Jobs brauchen. Was das Gros der Bevölkerung angeht, erscheint mir das als purer Luxus. Deutschland gehört schon heute zu den Ländern mit der geringsten Jahresarbeitszeit. Gewerkschaften haben ein Jahrhundert lang erfolgreich darum gekämpft, dass durchschnittlich Arbeitende genug Ruhe- und Erholungspausen haben. Im Klartext heißt das: Nachgeholte Feiertage braucht meines Erachtens hierzulande fast kein Mensch.
2022 drei verlorene Feiertage
Trotzdem, fürchte ich, wird es früher oder später dazu kommen, dass Feiertage, die auf ein Wochenende fallen, nachgeholt werden. Denn ebenfalls ein Jahrhundert lang haben Sozialdemokraten erfolgreich den Wert von Arbeit verteufelt. Arbeitszeit, so das Credo, ist fremdbestimmte Zeit! Frauen und Männer sollen Zeit haben für ihre Familien und für sich selbst. Und werden diese Zeit, so die stille Erwartung, in diesem Sinn nutzen.
Ich glaube an diese rote Vision nicht. Sondern daran, dass Arbeit guttut, auch wenn sie mir manchmal schwerfällt. Ein gelingendes Leben hängt von mehr Faktoren als von der Zahl freier Tage ab. Politiker, die Feiertage spendieren wollen, betreiben nach meinem Dafürhalten Populismus.