Mitte der 80er Jahre waren die Rolling Stones fast am Ende. Mehrere Bandmitglieder hatten - sagen wir mal - gesundheitliche Probleme und dann war da noch das Riesen-Ego von Mick Jagger. Der kam angesichts seiner lahmenden Genossen auf die grandiose Idee: Dann mach ich es halt allein. Zunächst in Form von Solo-Alben und dann auch noch mit ausgedehnten Tourneen und ausgewählten Musikern.
Die Kolumne von Gerhard Leitner können Sie hier auch als Audio hören:
Jagger auf Solo-Trip
Haben Sie mal gehört, wie das klingt, wenn Jumping Jack Flash ohne einen einzigen schiefen Ton gespielt wird? Ohne Ecken und Kanten? Das ist kaum zu ertragen. Perfekt, aalglatt - total seelenlos. Mit den Stones hatte das so gar nichts zu tun. Abgesehen vom Verrat: Wie kann ein "Irgendwer", gemeinsam mit Mick Jagger auf der Bühne stehen und ein Gitarrenriff von Keith Richards nachspielen - sorry. Das geht gar nicht. Aber: Jagger hat das nach ein paar Jahren Ego-Trip dann auch eingesehen.

Wagenknecht startet Solo-Karriere
Also: Ein großes Ego allein reicht eben nicht für den großen Erfolg. Womit ich - Achtung harter Schnitt - direkt zu Sahra Wagenknecht komme. Ihre Bühne ist eine ganz andere, aber offenbar ist auch sie mit einem besonders großen Ego ausgestattet. Wie sonst nimmt sie in Kauf für eine Solo-Karriere ihre eigene Partei zu zerbröseln? Hat ihr da im Hause Lafontaine/Wagenknecht vielleicht jemand etwas eingeflüstert? Ist das vielleicht derjenige, der bereits der SPD mit der Gründung einer eigenen Partei größtmöglichen Schaden zugefügt hat? Jetzt soll es also ein "Bündnis Sahra Wagenknecht" geben, einen Verein, sozusagen als Vorstufe für eine neue Band…äh… Partei. Spannende Geschichte.
Erfolg einer neuen Partei fraglich
Was kann diese Partei, was die Linke nicht geschafft hat? Aber allein, wenn Wagenknecht es schafft, all diejenigen einzusammeln, die bisher aus Protest oder vielleicht einfach aus Orientierungslosigkeit demokratiefeindlichen Rattenfängern gefolgt sind, wäre schon was.
Gesucht: Team für Sahra Wagenknecht
Insofern hoffe ich, dass sie Glück mit ihrer neuen Partei hat. Außerdem: Einen Weg zurück hat sie nicht mehr. Ganz im Gegensatz zu Mick Jagger damals: Der hatte sich nach seinem Ego-Trip mit ein paar Gitarren, Keyboards und einigen Drinks auf Barbados mit Keith Richards getroffen und nachhaltig ausgesöhnt. Das neue Album ist übrigens eines der besten der Rolling Stones seit vielen Jahren - großartiges Teamwork. Vielleicht findet Sahra Wagenknecht ja auch die richtigen Weggefährten - auf die kommt es nämlich an - auch in der Politik.