Illustration ChatGPT und Firmenlogo AI (Foto: IMAGO, xJonathanxRaax)

Zwei Minuten: Die Kolumne zum Wochenende

Meinung: Künstliche Intelligenz im Bundestag

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AUTOR/IN
Marie Gediehn

Die Angst vor der Software Chat GPT wächst: Aber wenn Intelligenz immer seltener zu beobachten ist, warum dann Künstliche Intelligenz verteufeln, fragt Marie Gediehn in ihrer Kolumne.

Künstliche Intelligenz: Seltsames Begriffspaar, finden Sie nicht auch? Haben Sie mal beobachtet, wie erwachsene Menschen versuchen, im Stau eine Rettungsgasse zu bilden? Da denkt man doch, Intelligenz ist ausschließlich künstlich, jede andere Vorkommens-Art absolut ausgeschlossen.

Die Kolumne von Marie Gediehn können Sie hier auch als Audio hören:

Chat GPT – Kopfschmerzen wegen ziemlich guten Texten

Tatsächlich ist es noch nicht ganz so weit, aber die KI-Software Chat GPT verändert gerade ziemlich viel und wenn ich es richtig verstehe, suchen Hochschullehrer weltweit durchaus nach einer Art Rettungsgasse. Weil Chat GPT generiert praktisch jede Art von Text, und zwar ziemlich gut: Artikel, Aufsätze, Witze, Gedichte. Gut, Gedichte und Witze sind jetzt offenbar nicht so das akute Problem. Aber das mit den ziemlich guten Aufsätzen, das macht Lehrern und Professorinnen Kopfzerbrechen.

Marie Gediehn (Foto: SWR, Patricia Neligan )
Die Meinung von Marie Gediehn

Plötzlich kriegen die massenweise tipptopp Hausarbeiten und Abschlussarbeiten pünktlich vorgesetzt und ahnen: Das ist nicht von den Menschen mit den müden Augen, in denen sie seit Monaten montags- und mittwochsvormittags vergeblich nach irgendeinem Flackern suchen. Und wir alle wissen, in den letzten Jahrhunderten hat es noch nie einen exponentiellen Anstieg menschlicher Intelligenz gegeben, denken Sie an die Rettungsgasse.

Künstliche Intelligenz im Bundestag?

In Frankreich hat die Elite-Universität Sciences Po Chat GPT verboten. Woanders sollen Prüfungen wieder handschriftlich abgelegt werden. Das wird insofern interessant, weil es da ja erstmal noch eine Software braucht, um das dann zu entziffern. Aber gut, eins nach dem anderen.

Ich stelle mir vor, wie all das bald im Bundestag beraten wird und bin ein bisschen wehmütig, weil Karl Theodor zu Guttenberg nicht mehr so richtig mitmischt. Er hätte vermutlich inzwischen mithilfe von Chat GPT Doktortitel im zweistelligen Bereich erworben und wäre als Experte ausgesprochen hilfreich, wahrscheinlich im Ausschuss Bildung, Forschung und Technologiefolgenabschätzung. Diesen Ausschuss gibt es übrigens wirklich.

Kein Verbot! Und alles ganz langsam!

Und die Debatte über Chat GPT im Plenum wird dann zur Sternstunde: Die FDP sagt, kein Verbot, das regelt der Markt und wenn handschriftliche Prüfungen, dann nur mit Montblanc-Füller. Die Linke fordert, jeder braucht erstmal ein eigenes Mäppchen vom Staat und WLAN für alle. Die SPD wirbt für ein gestaffeltes Verbot mit angemessenen Übergangsfristen inklusive Ausnahmeregelungen, die individuell zu prüfen sind.

Die Grünen sind an der Seite der SPD, aber nur wenn das Papier für die schriftlichen Prüfungen recycelt ist. Die Union bittet um Aufschub. Sie will erst in einer Reihe von Regionalkonferenzen ihren Mitgliedern erklären, was Chat GPT ist, und dass es nichts mit Gendern zu tun hat. Und die AfD? Ist hin- und hergerissen: Etwas, das uns das Denken abnimmt. Gab es doch schon mal! Aber klar: Denkverbot, Mainstream Medien, berichtet keiner drüber.

Wir in den Medien berichten ja einfach nur immer und immer wieder darüber, wie man eine Rettungsgasse bildet.

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Marie Gediehn