Außenminister Maas geht davon aus, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den USA unter dem neuen Präsidenten Joe Biden sehr schnell wieder verbessern wird: "Das sind auch alle Signale, die wir im Moment empfangen", sagte er im SWR.
Maas rechnet damit, dass die USA kurzfristig in die Weltgesundheitsorganisation zurückkehren. Das Gleiche gelte für das Pariser Klimaabkommen. Und er hoffe auch auf eine Perspektive für eine Rückkehr der USA zum Nuklearabkommen mit dem Iran.
"Wir brauchen die USA"
"All das sind Hinweise, dass die Vereinigten Staaten ihre internationale Rolle wieder wahrnehmen wollen und nicht mehr auf Druck und Provokation setzen, sondern auf Dialog und Verhandlung", sagte Maas. "Genau das ist es, was in den vergangenen Jahren gefehlt hat und weshalb viele Probleme, Konflikte, Kriege, Krisen, die wir haben und hatten, nicht gelöst wurden, weil wir dafür auch die Vereinigten Staaten brauchen."
Aus Sicht der EU gehe es jetzt darum, die Gemeinsamkeiten auszuloten. Die USA und Europa hätten als Demokraten eine gemeinsame Wertebasis. Deshalb sei es aus seiner Sicht richtig, dass EU-Ratspräsident Charles Michel den Vereinigten Staaten einen neuen Gründungspakt für die Zusammenarbeit angeboten habe, betonte der Bundesaußenminister.
Konfliktfelder werden bestehen bleiben
Maas erwartet aber auch, dass Konfliktfelder bestehen bleiben. "Es wird nicht so sein, dass wir mit der neuen Administration immer einer Meinung sein werden - weil wir in Europa natürlich auch unsere Interessen haben und die Situation in Europa oftmals auch nicht vergleichbar ist."
Allerdings sei es in der Vergangenheit nicht möglich gewesen, über Probleme gemeinsam zu reden und Lösungen zu suchen: "Man hat mehr gegeneinander gearbeitet als miteinander. Donald Trump hat die Europäische Union einmal in einem Atemzug mit Russland und China als die größten Gegner der Vereinigten Staaten genannt - damit ist jetzt Schluss."
Außenexperte Röttgen: "Kann jetzt wieder über alles reden"
Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der CDU-Politiker Norbert Röttgen, äußerte im SWR die Hoffnung auf eine Verbesserung der Beziehungen: "Im Stil, im Ton kann man jetzt wieder über alles reden".
Röttgen mahnte allerdings auch, die bisherigen Streitpunkte, wie das Zwei-Prozent-Ziel der Nato oder die Ablehnung von Nord Stream 2, blieben bestehen. Diese Punkte seien parteiunabhängig. Die amerikanische Bevölkerung habe derzeit eigene Themen wie die Pandemie und die Versöhnung des gespaltenen Landes.
Hochsicherheitszone Washington
Aus Sorge vor möglichen Angriffen von Anhängern von US-Präsidenten Donald Trump war Washington D.C. am Tag der offiziellen Amtsübergabe eine Hochsicherheitszone: 25.000 Nationalgardisten waren dort, das Weiße Haus und das Kapitol sind mit Zäunen und Betonsperren gesichert, Metro-Stationen waren geschlossen.
Bei der Amtseinführung des neuen Präsidenten Joe Biden war die Angst vor neuen Ausschreitungen, wie sie sich bei der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols ereigneten, groß.
Gefahr von sehr unterschiedlichen Gruppen
Verschwörungstheoretiker von QAnon, die amerikanische Form der Reichsbürger-Bewegung, Anhänger von Bürgermilizen oder auch fundamentalistische Christen - all diese Gruppen könnten nach Einschätzung von Peter Neumann einer Art "terroristischer Bewegung" angehören, die auch im Umfeld der Amtseinführung von Joe Biden für Aufruhr sorgen könnten.
Neumann ist Professor für Sicherheitsstudien am King's College in London. Im SWR sagte er: "Was diese Gruppen zusammengebracht hat, ist Trump. Und was sie zusammenhält, ist der Glaube, dass diese Wahl gestohlen wurde."
Weiter sagte Neumann: "Die sehen sich selbst nicht als Umstürzler - ganz im Gegenteil: sie sehen sich als diejenigen, die die Demokratie wiederherstellen. Das rechtfertigt dann natürlich alles Mögliche."