Wolfgang Schäuble (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Kay Nietfeld)

Festakt zum Geburtstag in Offenburg

CDU-Politiker Wolfgang Schäuble wird 80: Streitbar und hoch angesehen

Stand

Minister, CDU-Chef, Rekord-Abgeordneter: Wolfgang Schäuble hat die Bundespolitik jahrzehntelang geprägt. Zu seinem Geburtstag am Sonntag gratuliert Politprominenz aus Bund und Land.

Der gebürtige Freiburger Wolfgang Schäuble feiert am Sonntag (18. September) seinen 80. Geburtstag. Die CDU-Südbaden und die Stadt Offenburg (Ortenaukreis) ehren ihn mit einem Festakt. In seinem Wahlkreis hat Schäuble seit fast 50 Jahren - ohne Unterbrechung - das Bundestags-Direktmandat geholt. Das ist Rekord in der deutschen Parlamentsgeschichte seit 1871.

Das SWR Fernsehen blickt zum 80. Geburtstag zurück auf das Leben von Wolfgang Schäuble:

Deutsche Einheit und CDU-Spendenaffäre

Am 18. September 1942 als zweiter von drei Brüdern in Freiburg geboren, engagierte sich Schäuble früh in der Politik. Das Interesse hatte er von seinem Vater Karl geerbt, einem CDU-Abgeordneten im Badischen Landtag. 1961 der Eintritt in die Junge Union, 1972 das erste Direktmandat für den Bundestag - von da an ging es parteiintern steil bergauf.

Helmut Kohl machte den Juristen in den Achtzigerjahren zum Kanzleramts- und später zum Fraktionschef. Als Innenminister verhandelte Schäuble den Vertrag über die Deutsche Einheit mit der DDR - und empfahl sich für Höheres. Das zunehmend gespannte Verhältnis zu Kohl zerbrach jedoch mit der CDU-Parteispendenaffäre. Schäuble musste selbst im Februar 2000 Partei- und Fraktionsvorsitz niederlegen. Der Tiefpunkt seiner politischen Karriere.

Porträt des CDU-Politikers Wolfgang Schäuble aus dem Jahre 1975. Schäuble ist seit 1972 Mitglied des deutschen Bundestages. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Wolfgang Schäuble im Jahr 1975: Seit 1972 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages. Seinen badischen Wahlkreis Offenburg gewann er damals direkt mit gerade mal dreißig Jahren. Auf Anhieb fuhr er 53,2 Prozent der Erststimmen ein. 1990 erreichte er sogar ein Rekorergebnis von 64,3 Prozent. Bei der letzten Bundestagswahl 2021 reichte es nur noch für 34,9 Prozent der Stimmen. Bild in Detailansicht öffnen
Schäuble hat sich um die Deutsche Einheit verdient gemacht: Als Bundesinnenminister unterzeichnete er am 31. August 1990 gemeinsam mit DDR-Staatssekretär Günther Krause den Einigungsvertrag. Bild in Detailansicht öffnen
Am 12. Oktober 1990 wurde ein Attentat auf den damaligen Bundesinnenminister verübt. Das Bild zeigt ihn knapp sechs Wochen nach dem Angriff bei einem Pressetermin in der Rehabilitationsklinik Langensteinbach nahe Karlsruhe. Die schnelle Rückkehr in die Politik kostete Kraft - stand für Schäuble aber außer Frage. Bild in Detailansicht öffnen
November 1999: CDU-Chef Wolfgang Schäuble zusammen mit dem früheren Bundeskanzler Helmut Kohl in der Berliner CDU-Zentrale. Unter Kohl war Schäuble Kanzleramts- und Fraktionschef, auch Innenminister. Er war stets loyal, bis zur CDU-Spendenaffäre, als Kohl ihn hinterging. Bild in Detailansicht öffnen
Am 20. März 2000 wurde Angela Merkel zur Parteivorsitzenden nominiert. Auch gegenüber ihr war Schäuble loyal - trotz oftmals unterschiedlicher Ansichten. Erst kurz vor dem Wahldebakel 2021 übte er öffentlich Kritik an der Kanzlerin. Bild in Detailansicht öffnen
Die griechische Haushaltspolitik begleitete die Amtszeit Schäubles als Bundesfinanzminister. Beinahe legendär sind die Streitereien mit dem griechischen Amtskollegen Yanis Varoufakis. Das Bild zeigt beide bei einer Pressekonferenz im Mai 2015. Bild in Detailansicht öffnen
Von 2017 bis 2021 war Wolfgang Schäuble Bundestagspräsident. Sein Amt musste er nach der Bundestagswahl im September 2021 an die sozialdemokratische Politikerin Bärbel Bas abgeben, denn traditionell wählt die Mehrheit der Parlamentarier eine Kandidatin oder einen Kandidaten der stärksten Fraktion an ihre Spitze. Und die meisten Abgeordneten stellt seitdem nicht mehr die Union, sondern die SPD. Bild in Detailansicht öffnen
Wolfgang Schäuble mit seiner Ehefrau Ingeborg beim Bundesparteitag der CDU in Hannover am 9. September 2022. Die Schäubles, beide in Freiburg im Breisgau geboren, sind seit 1969 verheiratet und haben vier erwachsene Kinder - drei Töchter und einen Sohn. Bild in Detailansicht öffnen

Umstritten, hart in der Sache, aber stets loyal

Die Ära Merkel prägte Wolfgang Schäuble vor allem als Finanzminister in der Euro-Krise. Auf internationalem Parkett kokettierte er zwar gern damit, kein Ökonom zu sein. Er zeigte sich aber als harter Verhandler, trug inhaltliche Differenzen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) offen aus, blieb dabei aber immer loyal. In der Griechenland-Krise wurde er neben Merkel zum Hassobjekt vieler Kritikerinnen und Kritiker des deutschen Kurses in der europäischen Finanzpolitik.

2017 übernahm Schäuble schließlich das zweithöchste Amt im Staate, das des Bundestagspräsidenten - und wurde ein ums andere Mal zum Mahner für die Freiheit in der Demokratie. Im Parlament gab es inzwischen sechs Fraktionen, eine davon war die der rechtspopulistischen AfD. Mit ihr zog ein neuer Ton ins Parlament ein.

"Fähigste und tragischste Persönlichkeit der neueren CDU-Geschichte"

Die politischen Verdienste Schäubles sind unbestritten, aber an ihm schieden sich auch die Geister. Für seine Verdienste um die "Wiedervereinigung und Neuordnung Europas" erhielt er 2012 den Karlspreis. Über Parteigrenzen hinweg erwarb er sich hohes Ansehen. Aber viele warfen ihm auch bisweilen "Arroganz" vor. Neben all den politischen Höhen und Tiefen bezeichnete ihn der Historiker Hans-Peter Schwarz als "fähigste und zugleich tragischste Persönlichkeit in der neueren CDU-Geschichte". Schäuble blieb so manches hohe Amt verwehrt, für das er nach Meinung vieler geeignet gewesen wäre, etwa Bundeskanzler oder Bundespräsident.

Schäuble: "Bin heute dankbar und zufrieden"

Selbstverständlich war eine so lange politische Karriere für Wolfgang Schäuble persönlich nicht, vor allem nicht mit Blick auf seine Gesundheit. "Im Oktober sind es 32 Jahre, dass ich im Rollstuhl sitze," sagte Schäuble wenige Tage vor seinem runden Geburtstag dem SWR. Wenn ihm damals jemand gesagt hätte, dass er 80 Jahre alt werde, hätte er gesagt, das glaubst du doch selber nicht. Im Oktober 1990 hatte ein geistig verwirrter Mann bei einer Wahlkampfveranstaltung in Oppenau bei Offenburg Schüsse auf den damaligen Bundesinnenminister abgegeben. Schäuble überlebte, ist seitdem querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Heute, so sagt der Vater von vier Kindern, sei er dankbar: "80 ist ein Alter, das nicht viele erreichen. Insofern bin ich zufrieden."

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Schäuble will nur dann Rat geben, wenn er auch gefragt wird

Seit der Bundestagswahl im Herbst 2021 ist der Jurist einfacher Abgeordneter. Es war ihm zum vierzehnten Mal gelungen, das Direktmandat im Wahlkreis Offenburg zu holen. Das hatte ihn sehr gefreut, auch wenn knapp 35 Prozent der Erststimmen sein bisher schlechtestes Ergebnis waren. Dass Abgeordnete über eine so lange Zeit im Parlament sitzen, müsse zwar die Ausnahme sein, sagte Schäuble, fügte aber verschmitzt hinzu: "Aber das darf eben auch sein." Aber seinen Rat, wolle er aber nur dann geben, wenn er auch gefragt werde.

2025 ist Schluss

Nach der laufenden Legislaturperiode will Schäuble nicht noch einmal für den Bundestag kandidieren. Im Interview mit dem "Tagesspiegel" (Sonntag) antwortete er auf die Frage, ob er 2025 noch einmal antreten werde: "Nein, aber das ist nicht einmal eine Nachricht wert."

CDU-Chef Merz hält Laudatio

Zum Festakt in Offenburg, wo Wolfgang Schäuble mit seiner Frau Ingeborg lebt und wo er seit Mai Ehrenbürger ist, reisen am Sonntag Spitzenpolitiker der CDU aus Bund und Land an. Grußworte sprechen werden der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und der baden-württembergische CDU-Landeschef und Schäubles Schwiegersohn Thomas Strobl. Die Laudatio wird der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz halten.

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