Ob Pflegekräfte, Notfallsanitäterinnen und -sanitäter oder Lehrkräfte: Die Corona-Pandemie stellt viele Menschen in ihrem Beruf vor besondere Herausforderungen. Besonders belastete Berufsgruppen sollen von Bund und Land entsprechend entlohnt werden. Doch nicht alle Bereiche profitieren gleichermaßen von den geplanten Corona-Boni oder Sonderzahlungen.
Corona-Pflegebonus: Eine Milliarde für Krankenhäuser und Altenpflege geplant
In einem Eckpunktepapier vom Februar hat das Bundesgesundheitsministerium den Corona-Pflegebonus vorgestellt, der für dieses Jahr beschlossen werden soll. Demnach will die Bundesregierung eine Milliarde Euro zu gleichen Teilen zwischen Beschäftigten in der Altenpflege und Pflegekräften in Krankenhäusern aufteilen.
Die 500 Millionen Euro für die Kliniken sollen an Krankenhäuser in Deutschland gehen, die im Jahr 2021 mehr als zehn Covid-Beatmungsfälle behandelt haben. Laut Eckpunktepapier sollen auf diese Weise 837 Krankenhäuser, die rund 95 Prozent aller Corona-Patientinnen und -Patienten versorgten, von der Bonuszahlung profitieren. Die staatlichen Corona-Prämien für die Pflege sollen laut Bundesregierung bis zu einer Höhe von 3.000 Euro steuer- und abgabenfrei sein. Die genaue Höhe der Boni ist noch unklar. Intensivpflegekräfte sollen dabei mehr als 2.000 Euro bekommen, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstag der "Stuttgarter Zeitung".
Auszahlung von Prämie in Baden-Württemberg bis Ende März 2022
Die baden-württembergische Landesregierung hat bereits vergangenen November eine Prämie von bis zu 1.500 Euro für die Mitarbeitenden auf den Intensivstationen im Land beschlossen. Die Auszahlung der Prämie soll bis Ende März 2022 erfolgen, teilte das Gesundheitsministerium Baden-Württemberg dem SWR mit.
"Einsatz zumindest ansatzweise honorieren" Intensivpflegekräfte in BW erhalten Corona-Prämie
Baden-Württemberg will Intensivpflegekräfte entlohnen, die bei der Bewältigung der vierten Corona-Welle helfen. Für die Beschäftigten soll es mehr als 1.000 Euro geben.
Für Altenpflege nur ein Bruchteil des Geldes geplant
Laut dem Eckpunktepapier des Bundes gehen bis zu 550 Euro an Altenpflegerinnen und -pfleger. Davon sollen alle Beschäftigten profitieren, die zwischen dem 1. November 2020 und dem 30. Juni 2022 für mindestens drei Monate in der Altenpflege tätig waren und am 30. Juni 2022 noch beschäftigt sind. Auszubildende in der Altenpflege sollen bis zu 330 Euro bekommen und Helferinnen und Helfer im Freiwilligendienst oder im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) bis zu 60 Euro.
Das Gesundheitsministerium Baden-Württemberg wollte sich am Freitag allerdings noch nicht zur Umsetzung des Pflegebonus äußern. Das Eckpunktepapier des Bundes nenne noch keine Umsetzungsdetails für die Länder.
ver.di: Reinigungskräfte, Behindertenhilfe und Rettungsdienst gehen leer aus
Laut Gewerkschaft ver.di ist der veranschlagte Betrag des Bundes von einer Milliarde Euro zu gering. Außerdem sollte der Kreis der Empfängerinnen und Empfänger des Bonus ausgeweitet werden.
"Alle Beschäftigten im Gesundheitswesen haben ihren Teil dazu beigetragen, in der Pandemie die Versorgung und Pflege von Hilfsbedürftigen sicherzustellen."
Es erschließe sich nicht, warum Beschäftigte aus der Behindertenhilfe, den Laboren oder auch die Reinigungskräfte in den Krankenhäusern nach den derzeitigen Plänen keinen Bonus erhalten sollen.
Reiner Geis, Bezirksvorstand der Gewerkschaft ver.di Südbaden, hält von Prämien generell nicht viel. "Prämien für eingeschränkte Personengruppen sind immer schädlich für das Betriebsklima und die Leute selbst fühlen sich ein Stück weit verarscht, weil damit nur kaschiert werden soll, dass der Dauerzustand ist, dass schlecht bezahlt wird."
Von einem Corona-Bonus ausgenommen sind auch die Rettungsdienste. Die Sprecherin des Deutschen Roten Kreuzes Stuttgart, Mira Hawlik, sagte dem SWR: "Vom Land haben wir keine Corona-Boni erhalten. Daher haben wir das selbst, beziehungsweise über den Tarifvertrag in Angriff genommen. So konnten wir zwei Mal eine Corona-Prämie auszahlen." Hawlik wünscht sich generell mehr finanzielle Wertschätzung für soziale Berufe. "Es fällt auf, dass soziale Berufe nur in Krisensituationen in den Fokus rücken. Ansonsten sich aber keiner so wirklich für sie interessiert", so die Sprecherin.
Kein Corona-Bonus für Arztpraxen oder Psychotherapie geplant
Laut der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) sind niedergelassene Arztpraxen definitiv von dem Corona-Bonus ausgenommen. Dagegen richtet sich deutliche Kritik:
"Die Politik scheint immer noch nicht erkannt zu haben, dass die Hauptwelle der Corona-Patienten in den Praxen abgefangen werden musste. Jedem sollte klar sein, dass sämtliche Pläne zur Bekämpfung der Pandemie ohne das Praxispersonal Makulatur sind"
Bei den Hausärzten herrsche aktuell Ausnahmezustand und eine finanzielle Unterstützung sei hier dringend nötig. Auch Psychotherapie und Kinderarztpraxen müssten von einer Prämie profitieren.
Unterschiede bei Corona-Sonderzahlungen
Im Gegensatz zu Corona-Prämien werden Corona-Sonderzahlungen in Tarifverträgen vereinbart. Sie sind laut der Gewerkschaft ver.di ein Lohnausgleich für die in der Pandemie gestiegenen Preise. Solche Sonderzahlungen gibt es zum Beispiel für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen haben bereits im Dezember 2020 zwischen 300 und 600 Euro steuerfrei bekommen, Auszubildende erhielten bis zu 225 Euro. Dies galt zum Beispiel für Erzieherinnen und Erzieher, die in kommunalen Kindertagesstätten arbeiten.
Im öffentlichen Dienst der Länder wurde im Herbst 2021 ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen. Angestellte erhalten hier bis März 2022 eine steuerfreie Sonderzahlung in Höhe von 1.300 Euro, Auszubildende bekommen 650 Euro. Davon profitieren unter anderem beim Land angestellte Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen. Die Länder haben das Tarifergebnis auf Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richter übertragen. Damit erhalten auch sie die Corona-Sonderzahlung.
Stichtagsregelung sorgt für Enttäuschung
Anspruch auf eine Sonderzahlung im öffentlichen Dienst der Länder haben alle Beschäftigten, die an einem Stichtag im November 2021 beim Land angestellt waren. Manche gehen dadurch leer aus. So sollen beispielsweise Rechtsreferendare, die ihr Zweites Staatsexamen im Oktober 2021 abgelegt haben, keine Sonderzahlung bekommen, obwohl der größte Teil ihrer zweijährigen Ausbildung in die Pandemie fiel. Solche Stichtagshärten lassen sich laut Landesjustizministerium nicht vermeiden, da man an die Regelungen des Tarifvertrags gebunden sei.