Das Statistische Landesamt hat im vergangenen Jahr 65.250 neue Ausbildungsverträge in Baden-Württemberg registriert. Das ist ein Rückgang um 2,1 Prozent gegenüber 2020 und der niedrigste Wert seit Jahrzehnten. Lediglich im Bereich der Landwirtschaft und in Freien Berufen gab es demnach ein leichtes Plus gegenüber den Vorjahr.
Für eine Ausbildung in Industrie, Handel oder dem Handwerk interessieren sich dagegen immer weniger junge Menschen.
Immer mehr Jugendliche wollen studieren
Für den Rückgang gibt es mehrere Gründe: Die Zahl der Schülerinnen und Schüler im Land geht seit Jahren zurück. Außerdem wollen immer mehr junge Menschen Abitur machen und studieren. Hinzu kommen die Folgen der Corona-Pandemie. So konnten etwa die meisten Betriebspraktika - wenn überhaupt - nur sehr eingeschränkt stattfinden.
Ministerium alarmiert
Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) spricht angesichts der neuen Zahlen von einem Alarmsignal. Ihr Ministerium arbeite daran, mehr Kontakt zwischen Betrieben und Jugendlichen herzustellen. "Die Unternehmen suchen händeringend nach Auszubildenden."
Nach Berechnungen des Industrie- und Handelskammertags könnte auch wegen des Azubi-Mangels bald jede vierte Stelle im Land unbesetzt bleiben. Laut Hochrechnung stehen bis 2035 rund 860.000 Fachkräfte weniger zur Verfügung,
Handwerk: Mehr Werbung an Schulen
Landeshandwerkspräsident Reiner Reichhold fordert dringend mehr Unterstützung von der Politik. Der Fachkräftemangel sei gerade mit Blick auf die politisch gewollten Klimaschutzmaßnahmen dramatisch. Angesichts der sinkenden Azubi-Zahlen brauche es eine andere Berufsorientierung an den Schulen, vor allem an den Gymnasien. "Es muss besser kommuniziert werden, dass das Abitur nur eine Hochschulzugangs-Berechtigung, aber keine Verpflichtung ist."
Die Politik müsse außerdem mehr für bezahlbaren Wohnraum tun. "Studierendenwohnheime sind längst selbstverständlich, da sollte es auch mehr solcher Häuser für Azubis geben."
Er forderte außerdem mehr Geld vom Land für Bildungsstätten des Handwerks. So gebe es für Sanierung, Modernisierung oder Neubau einen zusätzlichen Finanzbedarf von rund 230 Millionen Euro.