Künftig sollen Fahrgäste in Bussen und Bahnen in Baden-Württemberg keine Messer oder andere Waffen mehr mit dabei haben dürfen. Eine entsprechende Verordnung hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Dienstag ins Kabinett eingebracht. Die Verordnung wird demnach zur Anhörung freigegeben, nun können sich etwa die kommunalen Verbände dazu äußern. Für die Kontrollen sei die Polizei zuständig, teilte das Ministerium auf Anfrage des SWR mit.
VVS-Chefin begrüßt Rechtsklarheit durch neue Verordnung
Cornelia Christian, Geschäftsführerin des Stuttgarter Verkehrs- und Tarifverbunds (VVS), begrüßt die geplante neue Verordnung. Es gebe jetzt eine Rechtsklarheit. Die Kontrolle, ob Messer oder andere Waffen in Bus und Bahn mitgeführt werden, obliege zwar der Polizei, bei auffälligen Fahrgästen könne man aber viel schneller die Beamtinnen und Beamten hinzuziehen. Sie gehe davon aus, dass die Verordnung die Arbeit der Kontrolleurinnen und Kontrolleure deshalb sichererer machen werde - auch, weil vermutlich weniger Fahrgäste jetzt Waffen mitführen würden, so Christian
Es sei ihr aber wichtig, zu sagen, dass der ÖPNV in Baden-Württemberg grundsätzlich sicher sei. Man merke zwar, dass der Ton in der Gesellschaft rauer werde, das sei aber ein allgemeines soziales Thema. Sie würde sich deshalb wünschen, dass man innerhalb der Gesellschaft wieder ein anderes Miteinander entwickle, fügt die VVS-Chefin hinzu.
Die Stuttgarter VVS-Chefin Cornelia Christian hat am Mittwochmorgen im Hörfunkprogramm von SWR Aktuell über mögliche Auswirkungen des geplanten Waffenverbots gesprochen:
Bislang konnten die Bahnunternehmen im Land Waffenverbote zwar in ihren Geschäftsbedingungen regeln, erläuterte ein Sprecher des Ministeriums. Bei Verstößen habe man aber lediglich befürchten müssen, dass einem die Waffe abgenommen werde oder man aus dem Zug verwiesen wird. Künftig gebe es landesweit einheitlich ein konkretes, hartes Verbot durch eine Rechtsnorm. Wer dagegen verstößt, riskiert ein Bußgeld bis zu 10.000 Euro.
"Gerade im ÖPNV, wo in Bussen und Bahnen viele Menschen auf engstem Raum zusammenkommen, sind Messerangriffe besonders gefährlich", sagte Strobl. "Das nun beschlossene Waffen- und Messerverbot im ÖPNV ist daher ein weiterer wichtiger Schritt, um die Sicherheit der Menschen im öffentlichen Raum weiter zu erhöhen."
Keine Messer mehr in Bus und Zug erlaubt - Ausnahme bei Rettungskräften oder Jägern
Konkret sieht die Verordnung ein Verbot für das Führen von Waffen und Messern in sämtlichen Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs in Baden-Württemberg vor. Das Messerverbot soll auch im Umfeld greifen, also etwa an Bahnhöfen. Ausgenommen davon sind laut Ministerium Einsatzkräfte des Rettungsdienstes, der Feuerwehr und des Zivil- und Katastrophenschutzes, sofern sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit unterwegs sind. Ausgenommen seien zudem Personen, die Messer im Zusammenhang mit der Jagd, der Fischerei, der Brauchtumspflege oder der Sport-Ausübung bei sich tragen.
Auch neu gekaufte Küchenmesser fallen unter die Ausnahmeregelung. Sie dürfen demnach weiterhin im Nahverkehr mitgeführt werden, sofern sie nicht griffbereit sind, also etwa eingewickelt und verpackt sind, und nur von A nach B befördert werden. Das Messer einfach in die Hose oder die Jackentasche zu stecken reicht einem Sprecher zufolge nicht. Auch ein Samuraischwert könne so transportiert werden, sofern es ausreichend verpackt sei.
Ist ein Messerverbot sinnvoll?
Ob ein Messerverbot wirklich zu weniger Kriminalität führt, ist allerdings unklar. Für das Ministerium jedenfalls ist das Verbot ein Baustein, um die Sicherheit der Menschen im öffentlichen Raum zu erhöhen. Busse und Bahnen seien Orte, an denen viele Menschen oft auf engem Raum zusammenkämen, heißt es in der Kabinettsvorlage. "In diesen bestehen daher im Fall von Aggressionen oder Gewaltanwendung keine oder nur sehr eingeschränkte Flucht- und Ausweichmöglichkeiten."
Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) erhofft sich von der Verordnung weniger Straftaten. So wolle die Landesregierung die Sicherheit im öffentlichen Raum stärken. Wie das Verbot kontrolliert wird? "Durch Kontrollen", so Kretschmann.

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte zu dem Vorstoß: "Die Sicherheit unserer Fahrgäste steht an erster Stelle." So gebe es bereits heute klare Vorgaben für den Schienenverkehr im Land: "Auf stark genutzten Strecken ist jede Fahrt von Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern begleitet, zusätzlich kommt Sicherheitspersonal zum Einsatz." Videoüberwachung helfe dabei, mögliche Straftäter abzuschrecken und Straftaten schnell aufzuklären. "Pilotprojekte mit Bodycams und regelmäßige Schulungen des Zugpersonals verbessern den Schutz weiter."
Kriminologe hat Zweifel an Umsetzbarkeit
Der Kriminologe Jörg Kinzig von der Universität Tübingen sieht die Verordnung kritisch. Die "präventive Schlagkraft" hänge zentral von der Frage ab, ob und wie ein solches Verbot in Bussen und Bahnen kontrolliert werden könne. "Da bestehen gewisse Zweifel, ob für eine flächendeckende Durchsetzung auch genügend Personal zur Verfügung steht", so Kinzig.
Die SPD sieht das ähnlich. "Der Innenminister muss auch dafür sorgen, dass ausreichend Kontrollen stattfinden. Verbote ohne Kontrollen werden die Sicherheit nicht erhöhen", sagte Innenexperte Sascha Binder.
Kritik kam auch von der FDP: "Dieser Vorstoß dürfte eher symbolpolitischen Charakter haben, dessen Effizienz erscheint fraglich", sagte Julia Goll, stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Es sei fraglich, ob sich potenzielle Täter von diesem Verbot abschrecken ließen.
Der Städtetag hält ein Messer- und Waffenverbot grundsätzlich für richtig. "Allein auf dem Papier nutzt das Verbot allerdings wenig. Wir erwarten, dass die Landespolizei das Messer- und Waffenverbot regelmäßig kontrolliert", so eine Sprecherin. Die Kontrollen könnten weder durch Bedienstete der Verkehrsunternehmen noch durch den Ordnungsdienst geleistet werden.
Verschärfung der Messerverbotszonen in Städten möglich
Im vergangenen Jahr erfasste die Polizei in Baden-Württemberg im Nahverkehr 222 Messerangriffe. Die Zahl der Fälle stieg seit Beginn der Erfassung 2022 um 16,8 Prozent. "Bei dem Gros der Fälle handelt es sich um Bedrohungen, daneben spielen gefährliche Körperverletzungsdelikte eine Rolle", so das Ministerium.
Das Land will auch die Kommunen ermächtigen, die Regeln für Messerverbotszonen vor Ort weiter zu verschärfen. Demnach sollen Stadt- und Landkreise künftig an bestimmten öffentlichen Orten bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch Verbotszonen mit "allgemeingültigen Messerverboten" einrichten - also unabhängig von der Messerart und der Klingenlänge.