Therapeutische Hilfe sei für Opfer von Gewalt- und Sexualstraftaten in Baden-Württemberg nur schwer zu bekommen, kritisieren die Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg und die Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS) BW in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Mit Blick auf eine kommende Gesetzesänderung fordern sie deshalb den zeitnahen Ausbau von Traumaambulanzen und weiterer flächendeckender Angebote im Land.
Gesetzesänderung verschafft Opfern Rechtsanspruch auf Hilfe
Bereits seit dem 1. Januar 2021 haben Menschen, die von Gewalt- und Sexualstraftaten betroffen sind, Anspruch auf rasche und wohnortnahe Behandlung in einer Traumaambulanz. Darauf macht BIOS unter Verweis auf das neue Sozialgesetzbuch aufmerksam. Vollständig tritt das Gesetz am 1. Januar 2024 in Kraft.
Trotz staatlicher Finanzierungsmöglichkeiten stehen nach Einschätzung der beiden Organisationen im Land nicht genügend Therapieplätze zur Verfügung. Zwar sei die unzureichende Versorgung mit Therapieplätzen bundesweit ein Thema, doch insbesondere Baden-Württemberg sei schlecht auf die neue Gesetzesänderung vorbereitet.
Ministerium: Sieben Traumaambulanzen in BW
"Es gibt in Baden-Württemberg sieben Traumaambulanzen", antwortete ein Sprecher des Sozialministeriums auf eine Anfrage des SWR. Das Land arbeite daran, das Angebot in Baden-Württemberg auszudehnen. Sobald die Rechtsgrundlage dafür geschaffen sei, wolle das Land Verträge mit Kliniken und sonstigen möglichen Stellen abschließen, so der Sprecher weiter. Am Freitag stehe die Traumaambulanz-Verordnung, die bundeseinheitliche Qualitätsstandards setzt, zur Abstimmung im Bundesrat an.
Hochrechnungen zufolge, die sich aus den Fallzahlen der Bundeskriminalstatistik ergeben, könnten 2021 allein in Baden-Württemberg über 83.000 Menschen von einer Gewalt- oder Sexualstraftat betroffen gewesen sein. Sie alle hätten damit von Rechts wegen einen Anspruch auf das Angebot.
Therapie soll schweren Folgen vorbeugen
"Die psychischen Folgen einer Gewalt- und Sexualstraftat sind oft schwerwiegend und langanhaltend, wie Traumafolgestudien zeigen", schreiben die Organisationen. Das damit verbundene persönliche Leid sowie die Folgekosten für die Gesellschaft seien immens. Nur wenn die Möglichkeit bestehe, zeitnah und fachkundig auf ein solch schädigendes Ereignis zu reagieren, könne schweren Folgen zumeist vorgebeugt werden, so die Organisationen weiter. Eine rasche Versorgung sei in Baden-Württemberg trotz gesetzlicher Verpflichtung aber nicht gewährleistet.