Fußballspiele ohne Publikum, geschlossene Clubs, Ende des Weihnachtsmarktbetriebs: Die baden-württembergische Landesregierung will die Corona-Regeln verschärfen, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen. Eine entsprechende Verordnung soll ab Samstag (4.12.) in Kraft treten, wie die Landesregierung am Mittwoch dem SWR mitteilte. Für einige Bereiche soll es Übergangsfristen geben, etwa für Geisterspiele im Profifußball.
Zunächst hatte die Landesregierung angekündigt, die neuen Maßnahmen bereits am Donnerstag (2.12.) umzusetzen. Der Termin wurde jedoch verschoben, erst um einen Tag auf Freitag und nun auf Samstag. Hintergrund war eine kurzfristig angekündigte Beratung von Bund und Ländern, deren Ergebnis die Landesregierung abwarten wollte.
Bund-Länder-Gespräche angekündigt
Die Landesregierung in Baden-Württemberg verschärft erneut die Corona-Maßnahmen, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen. Wir erklären, was im Land gelten soll:
Am Dienstagabend wurde nach einem Treffen zwischen den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder, der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem designierten Nachfolger Olaf Scholz (SPD) bekannt, dass sich die 16 Länderchefs und -chefinnen am Donnerstag zu einer Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) treffen wollen. So haben sie es nach dreistündigen Beratungen vereinbart. Dann soll über zusätzliche Corona-Maßnahmen im Bund entschieden werden.
So äußerte sich Kretschmann nach den Beratungen von Bund und Ländern am Dienstagabend (30.11.) im SWR:
Oberstes Gebot: Beschränkung der Kontakte
Die schärferen Maßnahmen für Baden-Württemberg hatte die Landesregierung bereits vor der Bund-Länder-Runde angekündigt. Sportveranstaltungen sollen ohne Publikum stattfinden, Clubs und Diskotheken schließen, außerdem soll es keine Alkoholabgabe mehr im öffentlichen Raum geben. Auch der Betrieb von Weihnachtsmärkten soll mit der neuen Verordnung untersagt werden. Inwieweit weiter Kulturveranstaltungen stattfinden können, darüber will die Landesregierung noch beraten. Für den Schulunterricht soll es zunächst keine strengeren Regeln geben.
"Wir haben sehr hohe Infektionsraten, eine hohe Hospitalisierungsrate. Unsere Intensivstationen sind schon überbelegt. Wir müssen Menschen in anderen Ländern unterbringen", sagte Ministerpräsident Kretschmann im SWR. In Baden-Württemberg flache sich das Infektionsgeschehen bislang noch nicht ab, sagte Kretschmann weiter. Man sei aber sicher, dass die Maßnahmen wirkten, so der Ministerpräsident. Das meiste, was bei der Bund-Länder-Runde am Donnerstag beschlossen werde, mache die Landesregierung in Baden-Württemberg bereits im Rahmen des Stufensystems.
Unsicherheit über Rechtslage Kommentar zu Pandemie-Regeln: "Corona-Chaos statt Entscheidungen"
Wie ist die Corona-Lage in den Griff zu kriegen? Über Regeln wird viel diskutiert, aber Entscheidungen - Fehlanzeige. Ein Kommentar von Anno Knüttgen aus der SWR-Redaktion Landespolitik.
Beraten werde unter Bund und Ländern noch über 2G im Einzelhandel. Sicher sei, dass Großveranstaltungen eingeschränkt würden, so Kretschmann im SWR. Weitgehende Einigkeit bestehe außerdem über eine Impfpflicht im Gesundheitsbereich und darüber, dass eine allgemeine Impfpflicht vorbereitet werde.
Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz über einem Wert von 500, wird ein Stadt- oder Landkreis zum Hotspot erklärt - und damit schärfere Corona-Maßnahmen eingeführt. Welche Regeln wo gelten:
Bundesverfassungsgericht: Bundesnotbremse war verfassungsgemäß
Kretschmann sprach sich im SWR für größere rechtliche Spielräume bei der Bekämpfung der Pandemie aus. Am Dienstagmorgen hatte das Bundesverfassungsgericht eine Erklärung veröffentlicht, wonach die Bundesnotbremse im Frühjahr verfassungsgemäß war und damit mehrere Verfassungsbeschwerden abgewiesen. Die Schulschließungen und Ausgangsbeschränkungen seien zwar ein Eingriff in die Grundrechte gewesen, das Schutzkonzept habe aber "in seiner Gesamtheit dem Lebens- und Gesundheitsschutz sowie der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems als überragend wichtigen Gemeinwohlbelangen" gedient.
Kretschmann: Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes notwendig
Scholz habe zugesagt, dass das Infektionsschutzgesetz verschärft werde, sagte Kretschmann im SWR. "Wir erachten das für notwendig", sagte Kretschmann. "Diesen Instrumentenkasten brauchen wir Länder, damit wir adäquat reagieren können, je nach Lage der Dinge."
Die Landesregierung verschärft die Corona-Regeln, weil die Intensivstationen in vielen Stadt- und Landkreisen an der Auslastungsgrenze sind. Wo Intensivbetten aktuell knapp werden:
Vom generellen Vorgehen bei der Bund-Länder-Schalte hat sich Kretschmann im SWR irritiert gezeigt: "Das war heute schon ein bisschen unsortiert", sagte er nach der Videokonferenz. Es habe sich nicht um ein Beschlussgremium gehandelt, sondern um ein sogenanntes Kamingespräch, wo nur Vorschläge gesammelt worden seien. "Das ist schon sehr ungewöhnlich", sagte Kretschmann. Die Staatskanzleien würden normalerweise Vorlagen erarbeiten, die dann beschlossen werden würden. "Das ist jetzt umgedreht. Das Verfahren wünsche ich mir für die Zukunft allerdings nicht."
Als Ausweg aus der Pandemie gilt das Impfen. Wie die Immunisierung in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Deutschland läuft: