Volle Straße mit Autos. Eine Fahrradfahrerin auf einem leeren Radweg. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

E-Mobilität und Zukunftstechnologie

Verkehrswende in Baden-Württemberg - so ist der Stand aktuell

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Bis 2040 will Baden-Württemberg klimaneutral werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen mehr Windräder gebaut werden und mehr Menschen vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen.

Als Vorreiter für diese Mobilitätswende gilt Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Seit über zehn Jahren ist er im Amt. Eine echte Verkehrswende hat Hermann trotz aller Bemühungen bisher nicht umsetzen können.

Langsame Umsetzung beschlossener Maßnahmen

Radschnellwege, ein landesweiter BW-Tarif und eine Reform der verwirrenden Tarifzonen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Ballungsraum Stuttgart. Das ist die Bilanz des Verkehrsministers. Winfried Hermann räumt ein: "Was wirklich zäh und langsam ist und wo man manchmal auch die Geduld verliert, ist die Zeit, bis die beschlossenen Maßnahmen umgesetzt werden. Vor allem Infrastrukturprojekte dauern lange."

Tatsächlich sind in der Zwischenzeit immer mehr Autos unterwegs. Zum 1. Oktober 2021 waren in Deutschland 48,6 Millionen Pkw zugelassen, ein neuer Rekordwert. Das sei natürlich schon beunruhigend, räumt Hermann ein. So stelle man sich die Verkehrswende nicht vor, dass es immer mehr private Autos gebe.

Bus- und Zugverbindungen auf dem Land ungünstig

Autos sind für viele Menschen im vielfach ländlich geprägten Flächenland Baden-Württemberg immer noch eine Notwendigkeit, findet FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke.

"Jeder, der irgendwo im ländlichen Raum in Baden-Württemberg wohnt und keine günstige Zug-, oder Busanbindung hat, der muss weiterhin die Möglichkeit haben, das Auto zu nutzen."

In knapp zehn Jahren soll es nach dem Willen der baden-württembergischen Landesregierung eine Mobilitätsgarantie geben. Mit einem verlässlichen ÖPNV-Angebot und festen Takten in allen Teilen des Landes.

Rülke hält das für utopisch. Wie so häufig versuche man den Menschen ein Konzept überzustülpen und die Leute sozusagen zu ihrem Glück zu zwingen, so Rülke. Der Verkehrsminister kontert: Mobilitätsgarantie bedeute nicht, dass jedes noch so kleine Dorf mit dem Bus oder gar der Bahn angefahren werde.
Egal ob Taxi, Kleinbus, oder Teil-Auto - man wolle flexible Angebote machen.

Verkehrswende im Land BW-Verkehrsminister setzt auf Auto-Alternativen für junge Leute

Verkehrsminister Hermann (Grüne) will die Mobilitätswende im Land vorantreiben. Dafür setzt er auf die Fahrschulen: Sie sollen ihren Schülerinnen und Schülern Carsharing näher bringen.

Hermann: 365-Euro-Ticket "absolutes Großprojekt"

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Mobilitätswende ist für Hermann das gerade beschlossene 365-Euro-Ticket für Schüler, Studierende und Auszubildende. Ab September 2022 können sie für einen Euro am Tag in ganz Baden-Württemberg Bus und Bahn fahren. Hermann beschreibt das als "ein absolutes Großprojekt der Mobilitätswende". So etwas habe es in ganz Deutschland bisher noch nicht gegeben.

Stuttgarter Verkehrsbetriebe: "Offene Fragen zur Finanzierung"

Noch ist allerdings nicht klar, ob alle 21 Verkehrsverbünde in Baden-Württemberg mitmachen. Das Angebot soll trotzdem gelten, betont der Verkehrsminister. Die Verkehrsbetriebe Stuttgart (VVS) betonten auf SWR-Anfrage, dass das Angebot die Chance bieten könne, junge Menschen dauerhaft für den öffentlichen Nahverkehr zu gewinnen. Ob die Einführung bis September 2022 klappen kann, sehen die VVS eher kritisch: "Es sind noch viele offene Frage zu klären, vor allem zur Finanzierung des Angebots." Die Berechnung der Kosten sei aufwendig. Man sei gerade dabei, mit dem Verkehrsministerium die Details der Finanzierung zu klären, um den Zuschussbedarf für die einzelnen Landkreise zu ermitteln. Der Zeitplan sei aber ambitioniert.

SPD-Chef zweifelt an 365 Euro-Ticket

Die Opposition zweifelt dennoch am Erfolg des Projekts. Ein 365-Euro-Ticket nur für junge Leute reicht nach Ansicht von SPD-Landes- und Fraktionschefs Andreas Stoch für eine echte Verkehrswende nicht aus: "Die Landesregierung verspricht zwar viele Dinge - wie jetzt auch das 365-Euro-Ticket - aus unserer Sicht wird da aber immer zu kurz gesprungen. Es werden zu wenige Menschen motiviert auf den ÖPNV umzusteigen. Man hätte das 365-Euro-Ticket sinnvollerweise nicht nur für Schüler, Studierende und Auszubildende einführen sollen, sondern auch für Seniorinnen und Senioren und auch für Menschen mit einem ganz kleinen Geldbeutel."

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SWR