Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) steht in einer Garagenwerkstatt im japanischen Yokohama und staunt. Hier entwickelt ein Unternehmer Kleinwagen, die schwimmen können. Bei einem Tsunami oder Überschwemmungen soll niemand mehr in seinen Autos ertrinken. Zudem kann der Wagen auch seine Räder quer stellen und wie ein Krebs seitlich in eine Parklücke fahren. Der Antrieb: elektrisch. Kostenpunkt: umgerechnet 12.000 Euro.
Hermann, der gerade Japan und Südkorea besucht, ist begeistert ("genial!") und lobt den Erfindergeist. "Man sagt, Baden-Württemberg ist das Land der Tüftler und Erfinder. Sie könnten ein Baden-Württemberger sein", sagt Hermann dem Präsidenten des E-Auto-Unternehmen. Ein kompakter Wagen, elektrisch angetrieben, perspektivisch autonom fahrend, "das können wir auch gebrauchen", erklärt Hermann.
Südkorea ist etwa beim Experimentieren mit dem autonomen Fahren wesentlich liberaler als Deutschland. Seit 2016 ist das autonome Fahren in Seoul prinzipiell auf allen Straßen erlaubt. Es werden lediglich Zonen festgelegt, wo es verboten sein soll - zum Beispiel vor Schulen. Vom späten Abend bis in den frühen Morgen verkehrt eine Buslinie, die selbstständig fährt. Der Fahrer öffnet die Türen und ist dafür zuständig, einzugreifen, falls etwas passiert.
Hermann bewundert japanischen Erfindergeist
Nach elf Jahren ist Verkehrsminister Hermann wieder in Japan - wohl zum letzten Mal in seiner Amtszeit. Bei seinem vergangenen Besuch ging es darum, wie das Land bei hybriden Antrieben und der Plug-in-Technologie die Nase vorn hat. Inzwischen wollen die Japaner von Deutschland wissen, wie sie den Ausbau der Elektromobilität beschleunigen können. Denn auf japanischen Straßen machen Elektroautos gerade mal zwei Prozent der Autos aus. Die meisten fahren Verbrenner oder Hybrid.
Minister Hermann stellt nach einem Besuch mit dem japanischen Vize-Verkehrsminister fest: "Ich bin erstaunt, dass Japan noch nicht so weit ist mit der Elektromobilität. Da sind wir weit voraus."
Präfektur Kanagawa und Baden-Württemberg wollen Zusammenarbeit vertiefen
Die Hoffnung des Verkehrsministers: Japan könnte für Baden-Württemberg als Markt noch wichtiger werden. Bisher spielten unter den deutschen Automarken vor allem Mercedes-Benz und BMW eine Rolle. Wegen der US-Einfuhrzölle und politischen Differenzen mit China werden Japan und Deutschland einmal mehr zu interessanten Handelspartnern.

Baden-Württemberg punktet als Automobilstandort
Das Interesse an Baden-Württemberg als Automobilstandort ist in Tokio und in der Präfektur Kanagawa spürbar. Der Verkehrsminister war bei Start-ups, die sich in Baden-Württemberg ansiedeln wollen, und traf den Gouverneur der Präfektur Kanagawa, Yuji Kuroiwa.
Baden-Württemberg und die Präfektur verbindet eine 35-jährige Partnerschaft. Yuji Kuroiwa und Winfried Hermann sind beide ähnlich lang im Amt. "So kann man langfristig gestalten", erklärt Hermann. Kuroiwa ergänzt: "Ich hoffe die wirtschaftlichen Verbindungen zu vertiefen."
Japan beeindruckt mit "Ninja-Baustellen"
Der Verkehrsminister verlässt Japan mit dem Eindruck eines gut organisierten Landes: Nicht mal eine Baustelle auf den Straßen habe er gesehen. Der Gouverneur von Kanagawa, Yuji Kuroiwa, hat auch darauf die Antwort: "Unsere Baustellen sind wie Ninjas. Man sieht sie nicht. Wir arbeiten schnell und nachts."