Der Tarifkonflikt des privaten Omnibusgewerbes in Baden-Württemberg spitzt sich weiter zu. Am Montag waren rund 9.000 Busfahrerinnen und Busfahrer aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen. Die Gewerkschaft ver.di sprach von mehr als 800 Beschäftigten aus 20 privaten Busunternehmen, die landesweit streikten. Besonders betroffen seien Busfirmen in vielen ländlichen Gegenden des Landes gewesen.
In Stuttgart versammelten sich nach Angaben von ver.di am Montagmittag etwa 500 Busfahrerinnen und Busfahrer bei einer zentralen Kundgebung auf dem Schlossplatz.
Viele Busverbindungen im Land fallen wegen des Streiks aus
Im Großraum Stuttgart fielen laut Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart VVS viele Busverbindungen wegen der Streiks aus, unter anderem in Plochingen, Waiblingen, Weinstadt, Backnang, Murrhardt, Hemmingen und Ludwigsburg. Der VVS hatte darauf hingewiesen, dass der S-Bahn- und Regionalverkehr sowie die Busse und Bahnen der SSB in der Region Stuttgart nicht bestreikt wurden.
Die Streiks im privaten Busgewerbe legten den Busverkehr in Reutlingen und Tübingen am Montag weitgehend lahm. Auch in den Kreisen Calw und Karlsruhe fuhren wegen des Warnstreiks viele Busse nicht. Gleiches gilt für die Region Heilbronn-Franken: dort waren vor allem Schwäbisch Hall, Crailsheim, Güglingen, Neuenstadt und Ellwangen betroffen.
ver.di fordert angemessene Bezahlung von Standzeiten
Den Streikenden geht es vor allem um Pausenregelungen sowie Nacht- und Sonntagszuschläge. Die Verhandlungsführerin bei ver.di, Hanna Binder, sagte, acht Monate zähe Verhandlungen für eine Selbstverständlichkeit wie die angemessene Bezahlung von Standzeiten müssten jetzt ein Ende haben. Die Aktion fand vor der nächsten Verhandlungsrunde statt, die für Dienstag in Sindelfingen (Kreis Böblingen) angesetzt ist. Es ist der elfte Termin, um in der Tarifauseinandersetzung eine Lösung zu finden.
"Wir wollen, dass Montag der letzte Streiktag ist. Dafür müssen sich die Arbeitgeber endlich den entscheidenden Ruck geben."
Kritik an Landesregierung wegen fehlender Finanzierung
ver.di kritisierte, dass das Land den ÖPNV nicht ausreichend finanziere. "Wer bestellt, muss auch zahlen. Die von der Politik angestrebte und absolut richtige Verdoppelung des ÖPNV bis 2030 wird nur gelingen, wenn dafür ausreichend Fahrerinnen und Fahrer gewonnen werden", sagte Binder. Die derzeitigen Arbeitsbedingungen hätten bereits jetzt zu einer erheblichen Lücke bei den Fachkräften geführt. "Wir fordern die Landesregierung auf, den ÖPNV so ausreichend zu finanzieren, dass gute Arbeit möglich ist", so Binder. Laut Gewerkschaft sind Schichten durch eingeplante Standzeiten oft länger als zehn bis zwölf Stunden, bezahlt würden aber weniger.
„Die Mobilitätswende gelingt nur mit guten Bedingungen im ÖPNV. Sie darf nicht länger durch Lohnabzug für Standzeiten finanziert werden."
WBO verweist auf schwierige Lage der Busunternehmen durch Corona
Der Arbeitgeberverband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) kritisierte das Vorgehen der Gewerkschaft. "Kompromisse können nur am Verhandlungstisch erzielt werden, nicht auf der Straße", teilte der Verband mit.
Die privaten Busunternehmen hätten den Fahrerinnen und Fahrern schon einige Zugeständnisse gemacht. Die aktuellen Forderungen der Gewerkschaft nach Bezahlung von geteilten und ungeteilten Diensten seien jedoch unerfüllbar, hieß es vom WBO. Der Verband erklärte außerdem, die niedrigen Fahrgastzahlen in der Corona-Pandemie und die hohen Spritpreise stellten für die Busunternehmen eine wirtschaftliche Belastung dar.
ver.di-Mitglieder im Land stimmten für Arbeitskampf
In der Vergangenheit hatte es immer wieder Streiks gegeben - auch mehrtägige Aktionen. ver.di hatte Anfang Juli den Weg für einen unbefristeten Arbeitskampf frei gemacht. In einer Urabstimmung hatten 97,9 Prozent der beteiligten Mitglieder für mögliche Arbeitskampfmaßnahmen gestimmt.