Eine Frau nimmt in einem Fitnessstudio Gewichte aus dem Ständer.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Oliver Berg)

BGH stützt Kunden

Nach Corona-Urteil zu Fitnessstudios: Das sollten Kunden in BW wissen

Stand

Wer im Corona-Lockdown sein Fitnessstudio nicht nutzen konnte, hat Anspruch auf die in dieser Zeit gezahlten Mitgliedsbeiträge. Was bedeutet das konkret?

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat sich mit einem Musterfall in Niedersachsen befasst. Der Kläger hatte einen Zwei-Jahres-Vertrag bei einem Fitnessstudio abgeschlossen, der im Dezember 2019 begann. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie hatte das Studio vom Mitte März bis Anfang Juni 2020 schließen müssen. Noch während der Schließung kündigte der Kläger den Mitgliedsvertrag.

Kunde hat Recht auf Rückzahlung

Der Betreiber des Fitnessstudios zog trotzdem weiter die monatlichen Beiträge von rund 30 Euro ein. Der Kunde hatte sein Studio zunächst vergeblich zur Rückzahlung aufgefordert und schließlich einen Wertgutschein über die Summe verlangt. Das Studio bot ihm aber lediglich eine "Gutschrift über Trainingszeit" an - wollte also die Vertragslaufzeit verlängern. Das lehnte der Mann ab - und bekam nun vor dem BGH in letzter Instanz Recht.

Richter sehen keine "Störung der Geschäftsgrundlage"

Bei einem Fitnessstudio-Vertrag mit mehrmonatiger fester Laufzeit sei "gerade die regelmäßige und ganzjährige Öffnung und Nutzbarkeit des Studios von entscheidender Bedeutung", entschieden die Richter. Eine "Störung der Geschäftsgrundlage" habe nicht vorgelegen. Das Studio habe seine Hauptleistungspflicht, die regelmäßige Nutzung des Fitnessstudios, nicht erfüllt.

BGH: Keine Verlängerung der Vertragslaufzeit

Das Fitnessstudio hat dem Urteil zufolge zudem kein Recht, die Wochen der Schließung an die Vertragslaufzeit anzuhängen. Das begründen die BGH-Richter auch mit der Gutschein-Lösung, die der Gesetzgeber im Frühjahr 2020 eingeführt hatte, um massenhafte Insolvenzen durch Rückforderungen zu verhindern.

Dabei geht es um eine spezielle Regel für die Corona-Situation. Wenn Musik- Kultur- oder Sportveranstaltungen wegen der Pandemie ausfallen, müssen die Veranstalter entweder das Geld erstatten oder einen Gutschein genau über den Betrag ausstellen, den die Kundinnen und Kunden zu viel bezahlt haben. Damit sei eine abschließende Regelung getroffen worden, entschied der BGH.

Wer bekommt jetzt Geld zurück?

"Alle, die während des Lockdowns einen Vertrag in einem Fitnessstudio hatten und über diesen Zeitraum auch weiter die Beiträge bezahlt haben, obwohl das Fitnessstudio zu war", sagte Claudia Kornmeier von der ARD-Rechtsredaktion. Auch wer sich bislang noch nicht darum gekümmert habe, könne jetzt das Geld zurückverlangen. "Da sollte es auch keine Probleme mit der Verjährung geben, so Kornmeier. Die übliche Verjährungsfrist betrage drei Jahre. "Und die sind hier ja noch nicht abgelaufen." Wichtig ist aber: Geld zurückerhalten können jetzt nur diejenigen, die keinen Wertgutschein erhalten haben.

Was rät die Verbraucherzentrale BW?

Die Kundinnen und Kunden eines Fitnessstudios können also ihr Geld nun zurückfordern. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg rät allen Betroffenen, dies schriftlich zu erledigen. Dabei sollte dem jeweiligen Fitnessstudio eine Frist gesetzt werden, bis wann das Geld zurückerstattet werden soll, sagte Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg dem SWR. Das Schreiben mit der Geldforderung sollte dann am besten als Einschreiben aufgegeben werden, damit es auch garantiert zugestellt wird, so der Tipp des Verbraucherschützers.

Arbeitgeberverband: Urteil ist Rückschlag für Fitness-Branche

Der Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV) reagierte auf das Urteil des höchsten deutschen Zivilgerichts enttäuscht. Der Verband sprach auf SWR-Anfrage von einem Rückschlag für die Fitnessanbieter in Deutschland. Man habe sich ein anderes Urteil erhofft. Für viele Betreiberinnen und Betreiber sei diese Entscheidung auch eine Bedrohung für die Existenz, so der Verband. Die Unternehmen müssten sich noch über Jahre mit den Auswirkungen der Pandemie auseinandersetzen.  

Laut DSSV gibt es in Baden-Württemberg rund 1.400 Fitness- und Gesundheits-Anlagen. Bundesweit macht die deutsche Fitness-Wirtschaft eigenen Angaben zufolge zuletzt einen Gesamtumsatz von 2,23 Milliarden Euro und hat rund 154.000 Beschäftigte. Das geht aus Eckdaten der Branche für das Jahr 2022 hervor (Stand Dezember 2021). In Baden-Württemberg sind demnach 12,7 Prozent der Gesamtbevölkerung Mitglied in einer Fitness- und Gesundheitsanlage - und damit etwas mehr als im Bundesdurchschnitt (11,1 Prozent).

Stand
AUTOR/IN
SWR