Gleisarbeiten der Bahn  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bodo Marks)

Studien zu Kosten und Nutzen

Auf 20 stillgelegten Zugstrecken in Baden-Württemberg könnten wieder Züge rollen

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Marc-Julien Heinsch
SWR-Redakteur Marc-Julien Heinsch Autor Bild (Foto: David-Pierce Brill)

Kämen genügend Fahrgäste, wären Kosten und Nutzen im Gleichgewicht? Das Verkehrsministerium prüft, wo sich die Reaktivierung von Bahnstrecken lohnen würde. Wo Menschen in BW auf bessere Anbindung hoffen können.

Bei 20 stillgelegten Bahnstrecken in Baden-Württemberg können die Menschen in der jeweiligen Region darauf hoffen, dass dort in Zukunft wieder Züge rollen. Für die Strecken Schwäbisch Gmünd-Kirchheim unter Teck, Sigmaringen-Stockach und von Rastatt ins französische Roeschwoog liefen derzeit Untersuchungen zur möglichen Reaktivierung, teilte das Verkehrsministerium in Stuttgart am Freitag mit.

Das Ziel: Dort wo das Verhältnis von Kosten und Nutzen stimmt und genügend Fahrgäste erwartet werden, sollen die stillgelegten Strecken wieder in Betrieb genommen werden.

Bei zwölf Bahnstrecken ist die Planung schon fortgeschritten

Förderanträge für weitere Bahnstrecken würden derzeit noch geprüft. Das Land übernehme durch sein Förderprogramm bis zu drei Viertel der Kosten, insgesamt stünden rund 1,6 Millionen Euro bereit. Bei zwölf Strecken wird nach Angaben des Ministeriums eine Reaktivierung schon "vertieft geplant", zum Beispiel bei der grenzübergreifenden Strecke Colmar-Freiburg und der Strecke Zaberfeld-Lauffen (Landkreis Heilbronn).

Am weitesten sei derzeit die Hermann-Hesse-Bahn zwischen Calw und Weil der Stadt (Landkreis Böblingen). Dort sollen die Menschen vom kommenden Jahr an - etwa 40 Jahre nach der Fahrt des letzten Personenzugs - mit den S-Bahnlinien 6 und 60 wieder per Bahn an Stuttgart angebunden werden.

Alter Tunnel mit alten Gleisen (Foto: Pressestelle, Hermann-Hesse-Bahn)
Die Strecke der Hermann-Hesse-Bahn wird wieder in Betrieb genommen. Ab 2023 sollen wieder Züge durch den Tunnel Fuchsklinge fahren.

Reaktivierung 20 aktuell geprüfter Strecken in BW kann noch dauern

Im Fall der 20 Bahnstrecken, bei denen derzeit Machbarkeitsstudien laufen, würde eine Reaktivierung wohl noch deutlich länger dauern. Ergebnisse sollen bei einer "Großzahl" der Projekte bis Ende des laufenden Jahres oder Anfang 2023 vorliegen, teilte das Ministerium mit.

Untersucht würden vorher unter anderem mögliche Streckenverläufe, zu erwartende Kosten für Wiederaufbau und Betrieb sowie der wirtschaftliche Nutzen für die Region. Die nächste Hürde wäre der Nachweis der Wirtschaftlichkeit, für den weitere Planungen nötig wären. Erst wenn dieser Nachweis erbracht sei, könnten Bund und Land die Instandsetzung den Angaben zufolge mit bis zu 90 Prozent der Kosten fördern.

Karte reaktivierbarer Bahnstrecken in Baden-Württemberg aus der Potenzialanalyse des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg von 2020.  (Foto: Verkehrsministerium Baden-Württemberg)

Verkehrsminister Hermann: Aufbruchsstimmung in BW

Angesichts der vielen Machbarkeitsuntersuchungen sei davon auszugehen, dass einzelne Strecken an dieser Hürde scheiterten, teilte das Ministerium mit. Dennoch sprach Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Freitag von einer "Aufbruchstimmung" in Baden-Württemberg. "Das Interesse der Bürgerschaft von Kreisen und Gemeinden an unserem Förderprogramm ist überwältigend", sagte er.

Schönbuchbahn zwischen Böblingen und Tübingen als Positivbeispiel

Ist eine reaktivierte Strecke erst mal in Betrieb und die Nachfrage groß, übernimmt das Land nach Auskunft des Ministeriums die Kosten, damit dort mindestens einmal pro Stunde ein Zug fährt. Alles darüber hinaus müssten in der Regel die Kommunen selbst zahlen. Beispiele wie die Schönbuchbahn in den Landkreisen Böblingen und Tübingen hätten gezeigt, dass einige Strecken deutlich stärker genutzt würden als zunächst vorhergesagt. Die Schönbuchbahn sei daher inzwischen auch elektrifiziert, zudem seien dort mehr Züge unterwegs als direkt nach Betriebsstart.

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