Die Preise an den Tankstellen für Benzin und Diesel steigen seit der Invasion Russlands in der Ukraine immer weiter - wenn aktuell auch etwas langsamer. Superbenzin der Sorte E10 verteuerte sich binnen eines Tages um 2,8 Cent, wie der ADAC am Freitag mitteilte. Im bundesweiten Tagesdurchschnitt kostete der Kraftstoff am Donnerstag 2,202 Euro pro Liter. Bei Diesel betrug der Anstieg 5,3 Cent auf 2,321 Euro pro Liter.
Im Vergleich zu den extremen Preissprüngen der vergangenen Tage, die teils zweistellig ausfielen, bedeutet der neuste Antieg aber eine leichte Beruhigung. Zudem zeichnete sich bis Freitagmittag auch kein weiterer Anstieg ab: Der ADAC stellte so gut wie keine Veränderung zu den Vergleichswerten des Vortags fest. In den vergangenen Tagen hatte sich regelmäßig bereits mittags der nächste Preissprung angekündigt. Diesel hat sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs um fast 66 Cent pro Liter verteuert, E10 um gut 45 Cent.
SPD fordert Entlastungen für Bürger und Unternehmen
Angesichts steigender Sprit- und Strompreise sollten Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen nach Ansicht der SPD in Baden-Württemberg stärker als bislang geplant entlastet werden. Wegen Unsicherheiten an der Börse durch den Krieg in der Ukraine sind die Energiepreise aktuell in einer konstanten Aufwärtsbewegung.
Die Solidarität der Menschen hierzulande sei groß, aber die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine seien noch nicht absehbar. "Uns allen muss klar sein, dass unsere Solidarität nicht nur wenige Tage und Wochen, sondern für einen längeren Zeitraum gefordert ist, und auch in unserem Geldbeutel zu spüren sein wird", so SPD-Landeschef Andreas Stoch in einer Mitteilung.
SPD: Menschen mit geringem Einkommen schützen
Es müsse alles getan werden, um steigende Belastungen abzufedern. Das Entlastungspaket der Bundesregierung sei ein guter Start. Ergänzend dazu sei aber ein Sofortentlastungspaket der Landesregierung von 44 Millionen Euro zur Unterstützung von Menschen mit geringem Einkommen nötig. Auch müsse die geplante Abschaffung der EEG-Umlage schnellstmöglich umgesetzt werden.
Es dürfe nicht so weit kommen, dass sich manche zwischen einem warmen Zuhause und einer Kontoüberziehung entscheiden müssten. Deshalb müssten zusätzlich die Stromsteuer abgesenkt und gestiegene Heizkosten bei der Berechnung von Wohngeld und BafÖG berücksichtigt werden, so Stoch.
Wie sich Benzinpreise zusammensetzen
Ein großer Teil des Preises, der an der Tankstelle fällig wird, setzt sich aus Steuern und Abgaben zusammen. Ein Rechenbeispiel zum Verständnis: Am 8. März kostete ein Liter Diesel im Bundesdurchschnitt noch 2,150 Euro, ein Liter Super E10 2,103 Euro.
Die Energie- bzw. Mineralölsteuer macht bei Superbenzin 65,45 Cent pro Liter aus, bei Diesel sind es 47,07 Cent. Dazu kommt die Mehrwertsteuer - 33,6 Cent bei Super E10 und 34,3 Cent bei Diesel - und die CO2-Abgabe, die - je nach Biospritanteil - mit weiteren etwa sieben Cent pro Liter zu Buche schlägt.

Insgesamt gehen derzeit also bei Diesel rund 89 Cent pro Liter an den Staat, bei E10 knapp 106. Der restliche Preis - bei Diesel rund 126 und bei Benzin rund 104 Cent pro Liter - entfallen unter anderem auf den Preis für die Rohstoffe, Kosten für Raffinerie, Transport und Vertrieb sowie die Gewinne der beteiligten Unternehmen. Den aktuell größten Posten dürften dabei die Produktkosten einnehmen.
Gemischte Reaktionen auf hohe Benzinpreise im Netz
Die Reaktionen zu den stark gestiegenen Preise an den Zapfsäulen fallen im Netz sehr unterschiedlich aus. Viele Nutzerinnen und Nutzer fordern eine Steuersenkung auf Diesel und Benzin. Der Staat verdiene an den gestiegenen Preisen kräftig mit, deshalb wäre das Interesse an Steuersenkungen oder eine Spritpreisbremse so gering, kritisiert ein Nutzer bei Instagram.
"Die Spritpreise wirken sich ja auch auf andere Kosten aus. Lebensmittel, auch andere Waren und Dienstleistungen, auch die Öffis werden teurer. Überall verdient der Staat. Spritpreise senken bedeutet, alle zu entlasten. Die Politik denkt nur an sich und ihre Vorteile."
Andere Userinnen und User beklagen sich, dass sie im Prinzip nur noch arbeiten würden, um sich den Weg zur Arbeit mit dem Auto leisten zu können.
Minister schlagen autofreien Sonntag vor
Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) hatte am Donnerstag autofreie Sonntag als Möglichkeit zur Reduzierung des Spritverbrauchs ins Gespräch gebracht. Auch könne so die Abhängigkeit von Russland als Energielieferant gedrosselt werden. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) begrüßte den Vorschlag der autofreien Sonntage und schlug außerdem vor, öfter auf Bus und Bahn umzusteigen, anstatt mit dem Auto zu fahren.
Höhere Energiekosten wegen Krieg Freie Tankstelle Marbach: Viel Frust über hohe Spritpreise
Die Preise auf den Anzeigetafeln an den Tankstellen steigen aktuell stetig. Viele Autofahrer laden ihren Frust über die hohen Spritpreise an den Tankstellen-Mitarbeitenden ab.
Viele Nutzerinnen und Nutzer in den sozialen Netzwerken reagieren verärgert. Sie fragen sich: Wie kann ein mögliches Sonntagsfahrverbot die täglichen Fahrtkosten zum Arbeitsplatz verringern? Außerdem könne nicht jeder auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen für den Weg zur Arbeit, kritisieren viele.
"Ich kann aber meinen Spritverbrauch nicht einfach mal so senken! Fünf Tage Arbeit bei einfach 50 km. Keine Bus oder Bahnverbindung."
Senkung der Mehrwertsteuer hätte nur geringe Auswirkung
Sollte zur Entlastung der Autofahrer beispielsweise die Mehrwertsteuer auf Sprit vom regulären Satz von 19 Prozent auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent gesenkt werden, würde das die Spritpreise beim derzeitigen Niveau um rund 23 Cent je Liter oder um gut zehn Prozent senken.
Über die Mehrwertsteuer könnte der Staat zwar tatsächlich erheblichen Einfluss auf die Preise an Tankstellen nehmen. Doch angesichts der enormen Preissprünge der vergangenen Tage lägen die Spritpreise auch bei der Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes noch erheblich über dem Vorkriegsniveau - und auch noch deutlich höher als in der vergangenen Woche.
Experte hält Steuersenkungen für den falschen Weg
Der Energieexperte Amadeus Bach von der Universität Mannheim hält direkte Steuersenkungen bei Spritpreisen für eine nicht anreizoptimierte Steuerentlastung. Im SWR-Interview sagte er: Wenn der Preis sinke, steige die Nachfrage und dadurch müsse mehr Öl importiert werden. "Und genau das wollen wir ja nicht. Unser Ziel sollte es sein, die Abhängigkeit von Ölimporten aus Russland zu reduzieren", so Bach. Er forderte vielmehr, die Verbraucher auf anderen Wegen zu entlasten. Weiter könnte die Bundespolitik Bevölkerungsgruppen, die von den hohen Preisen an Tankstellen besonders betroffen sind, gezielt entlasten, sagte Bach. Er nennt als Beispiele Steuerfreibeträge oder eine höhere Pendlerpauschale. Außerdem fordert der Energieexperte von der Politik, Anreize zu schaffen, um auf die Fahrt mit dem eigenen Auto zu verzichten und auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen - beispielsweise durch Subventionen.
Hier gibt es das ganze Interview:
Abhängigkeit von russischer Energie Hohe Energiepreise durch Ukraine-Krieg: Energieexperte rät von Steuersenkung auf Spritpreis ab
Was kann die Politik tun, um die Bürger bei den steigenden Energiepreisen zu entlasten? Energieexperte Amadeus Bach von der Uni Mannheim warnt im SWR-Interview vor Fehlanreizen.
CDU fordert Steuersenkungen - SPD ist dagegen
Die CDU im Bund fordert derweil die Mineralölsteuer auszusetzen und die Mehrwertsteuer auf 7 Prozent zu senken. Dann bliebe noch der CO2-Preis von 7 bis 8 Cent pro Liter als eine Art Steuer übrig.
Steuersenkungen auf Kraftstoff hält der stellvertretende Landesvorsitzende der SPD in Baden-Württemberg Parsa Marvi für falsch. Ein Nachlass würden von Produzenten oder Zwischenhändlern einbehalten. "Und es ist nun wirklich nicht einzusehen, dass wir in dieser Situation auch noch Steuergeschenke an Mineralölkonzerne verteilen", meinte Marvi.
Wie sich der Preis für Diesel und Benzin in den kommenden Tagen und Wochen entwickelt ist nicht abzusehen. Auch ob es kurzfristige Erleichterungen, wie Steuersenkungen geben wird, ist völlig offen. Ökonomen befürchten, dass die deutsche Wirtschaft durch den Krieg in der Ukraine auch weiterhin belastet werden und so die Inflation weiter vorantreiben könnte.