Markus Opferkuch ist der Leiter des Medien- und Informationszentrums (MIZ) an der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd. Er beschäftigt sich damit, wo in den Sozialen Medien Gefahren für die Nutzerinnen und Nutzer lauern.
SWR: Herr Opferkuch, posten Sie eigentlich selbst auch in sozialen Netzwerken, oder lassen Sie die Finger davon?
Markus Opferkuch: Ich hab dienstliche Social Media Accounts, aber privat nutze ich es gar nicht mehr. Ich habe alles abgeschaltet.
Sie halten am Freitag (29.4.22) einen Vortrag zu den Gefahren in sozialen Medien, an der Seniorenhochschule in Schwäbisch Gmünd. Wenn ich beispielsweise Bilder von meinem Urlaub bei Instagram veröffentliche, wie könnten Kriminelle das für sich nutzen?
Als Beispiel: Ich möchte jetzt eine junge Frau verführen und ich sammle möglichst viele Informationen über sie. Trete vielleicht auf sie zu mit einer ersten Identität, unterhalte mich mit ihr und ich lerne die Frau dann sehr gut kennen. Am Ende bin ich vielleicht für die schöne Frau der Seelenverwandte, der alle ihre Gedanken schon kennt. Ich habe sie aber nur gut ausgeforscht. Solche Gefahren sind vielen jungen Menschen oder auch jungen Studentinnen noch nicht bewusst. Wir haben gesellschaftlich das Internet noch nicht verstanden oder umgesetzt.
Wenn jetzt jemand, den ich nicht kenne, viele Dinge über mich weiß, dann ist das ja nicht unbedingt automatisch schlimm. Was könnte denn passieren, wo lauern Ihrer Meinung nach die Gefahren?
Die Gefahren lauern dort, wo Kinder zum Beispiel ausgeforscht werden. Wenn irgendwelche Pädophile unsere Kinder ausforschen, ohne dass wir es als Eltern merken, dann ergeben sich hier gesellschaftliche Gefahren, die vielen noch nicht bewusst sind.
Ich fasse zusammen: Wir nutzen das Internet mehrere Stunden am Tag, fast jeder von uns. Aber wir haben eigentlich nicht verstanden, welche Gefahren da lauern und was passieren kann.
Richtig. Und wir werden nicht darauf vorbereitet.
"Heute denken viele Jugendliche, ich bin im Netz, also bin ich. Aber wenn ich nicht im Netz bin, bin ich dann überhaupt noch jemand?"
Was sind denn rote Linien, die Sie im Internet nicht überschreiten würden? Ganz persönlich, in sozialen Netzwerken? Oder was geben Sie den Teilnehmenden in der Senioren Hochschule diesbezüglich mit auf den Weg?
Also das Erste: Man ist im Internet nicht anonym. Es können viele Leute Informationen über mich sammeln, ohne dass ich es weiß. Und ich muss mir bewusst darüber sein, welche Informationen ich weitergebe. Ein zweiter wesentlicher Punkt für mich ist: "Ich denke also bin ich", das war früher ein Satz. Heute denken viele Jugendliche: "Ich bin im Netz, also bin ich". Aber wenn ich nicht im Netz bin, bin ich dann überhaupt noch jemand? Die Identifikation über das Internet, über die Freunde, Follower und so weiter, schafft das stabile Menschen?
Sie haben gesagt, wenn es in Ihrer Jugend schon soziale Medien gegeben hätte, dann würden Sie heute nicht Ihren Beruf ausüben. Warum nicht? Was hätten Sie denn von sich preisgegeben, dass Ihnen da möglicherweise auf die Füße gefallen wäre?
Ich werde es jetzt nicht im öffentlichen Radio komplett verkünden. Aber ich habe mit einem Kumpel was gemacht, das heute die Frage aufwerfen würde, war das ein Terrorangriff? Wir waren nur dumme Jungs, wir haben gespielt und alles, was wir an Blödsinn gemacht haben, wissen höchstens mein Vater oder meine Mutter. Die haben es aber vergessen. Das Internet vergisst nicht. Alles, was ich an Blödsinn gemacht habe, und meine Brüder, wäre heute zum Teil im Internet.