Zwei Paketbomben explodierten im Februar 2021 in Eppelheim (Rhein-Neckar-Kreis) und Neckarsulm (Kreis Heilbronn) bei den Firmen ADM Wild und Lidl. Eine weitere Bombe an den Hipp-Konzern konnte rechtzeitig entschärft werden. Schnell hatten sich Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft Heidelberg auf einen Verdächtigen festgelegt: Klaus S. aus Ulm, ein gelernter Elektriker, der bei einem Onlineshop Paketverpackungen bestellt hatte, die denen der Paketbomben ähnelten. Seine Wohnung wurde gestürmt, sein Haus durchsucht. Klaus S. und seine Frau hatten an diesem Abend nur eine Frage: "Worum geht es denn überhaupt?"
Trotz aller Beteuerung seiner Unschuld: Es kam zum Prozess. Zwölf Tage lang musste sich Klaus S. vor dem Landgericht Heidelberg verantworten - und wurde am Ende freigesprochen. Nach dem Freispruch und einer zugesprochenen Entschädigung für die Haft, schien sich das Leben von Klaus S. wieder zu normalisieren. Im SWR erzählte er im Sommer 2022 seine Geschichte und sein vergebliches Warten auf eine Entschuldigung der Staatsanwaltschaft.
Rechnung der Staatsanwaltschaft an den Ulmer Rentner
Doch dann folgte die böse Überraschung, von der Staatsanwaltschaft kam eine unerwartete Rechnung: Klaus S. solle die Kosten seines Pflichtverteidigers Jörg Becker bezahlen - rund 6.700 Euro. Der Rentner sei zwar vom Hauptvorwurf freigesprochen worden. Bei einer Durchsuchung hätten die Ermittler aber jahrzehntealte Munitionsteile aus der Bundeswehrzeit von Klaus S. entdeckt. Das habe zu einer kleinen Geldstrafe geführt - und aus Sicht der Staatsanwaltschaft eben nicht zu einem vollständigen Freispruch.
Landgericht hebt Kostenbescheid der Staatsanwaltschaft auf
Das Landgericht Heidelberg jedoch hob diesen Bescheid am Dienstag wieder auf. Der freigesprochen Rentner muss demnach keine weiteren Kosten tragen. Der Grund: Sie seien allein aufgrund der Tatvorwürfe entstanden, von denen der Beschuldigte freigesprochen wurde. Nur wegen der Vorwürfe des illegalen Besitzes von Munition sei dem Mann gar kein Pflichtverteidiger bestellt worden.
"Sie (die Kosten) stellen einen Mehraufwand dar, der ohne die Tatvorwürfe, die dem Freispruch unterlagen, nicht entstanden wären."

Früherer Bundesrichter schüttelt den Kopf
Damit gab das Landgericht dem Widerspruch von Klaus S. und seinem Anwalt Recht. Der frühere Vorsitzende Bundesrichter und Strafrechtsexperte Thomas Fischer hat sich den Fall auf dem SWR Podcast-Festival angesehen und kam schon vor der Entscheidung zu dem klaren Ergebnis: die beiden haben mit ihrer Skepsis Recht. Die Entscheidung über die Kosten sei seiner Meinung nach eindeutig falsch. Absicht jedoch vermag Thomas Fischer nicht zu erkennen. So was könne passieren.