Organisation der Massenvernichtung

Was ein Ulmer mit der Wannseekonferenz zu tun hat

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Christian Michael Hammer

Vor 80 Jahren wurde die industrielle Massenvernichtung der Juden bei der "Wannseekonferenz" von 15 hochrangigen Nazis vorbereitet. Einer lebte später nahezu unbehelligt in Ulm.

Gerhard Klopfer wurde 1905 im niederschlesischen Schreibersdorf geboren. Er war später ein hoher Funktionär, Staatssekretär der Münchner Parteikanzlei und enger Mitarbeiter des Hitler-Vertrauten Martin Bormanns. Nach dem Krieg lebte und arbeitete Klopfer unbehelligt als Rechtsanwalt unter anderem in Ulm und im Landkreis Neu-Ulm im Raum Illertissen.

Unter dem Titel "NS-Täter und Bürger der Bundesrepublik" hatte das Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg (DZOK) in Ulm 2010 dazu ein Buch herausgebracht - verfasst vom Ulmer Historiker Markus Heckmann. Klopfer ist Heckmann zufolge kein einfacher Handlanger gewesen, sondern ein überzeugter Nationalsozialist in einer Schlüsselposition. Bis zu seinem Lebensende hätten sich seine Ansichten nicht geändert.

Ehrgeiziger Jurist auf dem Weg nach Oben

1933 trat Klopfer 28-jährig in die NSDAP ein, wo er eine steile Karriere bis in die höchsten Führungszirkel machte. In der SS bekleidete er den Rang eines Generals. Und er war als Bormanns rechte Hand einer der Teilnehmer der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942. Heute ist das Haus eine Gedenkstätte für den Holocaust.

In diesem Haus verhandelte der spätere Ulmer Gerhard Klopfer mit um die Organisation der "Endlösung der Judenfrage".  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Annette Riedl)
Am 20. Januar 1942 trafen sich hohe NSDAP- und SS-Funktionäre in der Villa am Berliner Wannsee.

Nach dem Krieg ein Leben ohne Prozess

Vor einem Gericht der Bundesrepublik musste Klopfer sich nie verantworten. Als er 1987 in Ulm starb, war er der letzte der 15 Teilnehmer der Wannsee-Konferenz. Der Wortlaut seiner Todesanzeige sorgte für große Diskussionen. Darin heißt es: "Wir trauern um Dr. jur. Gerhard Klopfer nach einem erfüllten Leben zum Wohle aller, die in seinem Einflussbereich waren." Als "empörend" bezeichnete der damalige Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Berlins, Hans Galinski, die Würdigung Klopfers, zumal in Berlin erst einige Tage zuvor der 45. Jahrestag der Wannseekonferenz begangen worden war.

80 Jahre nach der Wannseekonferenz führt der ZDF-Film die Geschehnisse von damals wieder vor Augen. Am 24. Januar kommt er im Hauptprogramm. Auch in der ZDF-Mediathek ist er zu finden.

Freiburg

Freiburg Schwarzwaldverein will seine NS-Zeit aufarbeiten

Der Schwarzwaldverein will seine NS-Zeit aufarbeiten. Das hat der Verein am Mittwochabend verlauten lassen. Es ist viel zu wenig bekannt, was in den Ortsgruppen des Vereins zwischen 1933 und 1945 passiert ist. Wurden Jüdinnen und Juden schon früh ausgeschlossen? Haben sich die Ortsgruppen kritiklos der Nazi-Propaganda angeschlossen? Das wurde nie aufgearbeitet, so das Fazit der Leitung des Schwarzwaldvereins, Historikern und Politologen. Klar ist, dass der Hauptverband mit Sitz in Freiburg in der NS-Zeit taktiert hat, um weiter bestehen zu können unter dem Dach gleichgeschalteter Wandervereinen. Aber jetzt sei es an der Zeit, die Historie des Vereins auf Ebene der Ortsvereine aufzuarbeiten. Damit könnte sich auch das neue NS-Dokumentationszentrum in Freiburg beschäftigen, das derzeit aufgebaut wird. Es soll vor allem festhalten, wie der Nationalsozialismus regional seine Schreckensherrschaft gezeigt hat.

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