Die Übung heißt Steadfast Foxtrott 2025. Teil dieser Übung ist ein Kriegsspiel, ein "Wargame" - die Simulation eines Ernstfalls. Das Szenario: Wie können 6.500 verwundete Soldatinnen und Soldaten möglichst schnell ins sichere Hinterland und aus einem Kriegsgebiet abtransportiert werden? Das funktioniert über eine Art Brettspiel mit Spielchips, Würfeln und Ereigniskarten.
"Kein einfaches Unterfangen", sagt der Ulmer Kommandeur Generalleutnant Kai Rohrschneider. Denn der Rücktransport muss mit anderen Bewegungen in Einklang gebracht werden, wie Flüchtlingsströme und Materialtransporte zur Front und auch von der Front weg.
Besondere Rolle von Ulm innerhalb der NATO
Ein erstes Ergebnis der Übung, die noch bis Freitag dauert, steht schon jetzt fest: Um die Transporte über die Staatsgrenzen innerhalb Europas stemmen zu können, müssen nationale nicht-militärische Organisationen mit einbezogen werden. Die Kommunikation mit diesen zivilen Einrichtungen wie zum Beispiel den Betreibern von Häfen und Flughäfen, sei Teil der Übung, so Rohrschneider.
Ulm spielt dabei eine besondere Rolle: In der Wilhelmsburgkaserne befindet sich nach NATO-Angaben das größte Kommando der NATO, das verantwortlich ist für alle Truppenbewegungen im NATO-Gebiet von der Westküste der USA bis an die ukrainische Grenze. Außerdem befindet sich in Ulm eines von fünf Bundeswehrkrankenhäusern in Deutschland, in dem schon jetzt verwundete Soldaten aus der Ukraine medizinisch behandelt werden.

Übung analog: Keine Chance für Computerhacker
Interessant ist dabei, wie geübt wird. In einem fensterlosen, speziell gesicherten großen Raum sind mehr als 70 Offiziere aus 23 Nationen an verschiedenen Tischen versammelt. Überall liegen riesige Landkarten drauf. Markierungen zeigen den Frontverlauf vom Nordkap bis ans Mittelmeer.
Auf dieser militärischen Landkarte verschieben die Offiziere Spielchips, die verwundete Soldaten symbolisieren. Dadurch lernen sie, was nötig ist, um die Transporte zu organisieren. Die Übung findet also überwiegend analog statt und ist damit nicht angreifbar für Computerhacker.
Steadfast Foxtrott heißt die NATO-Übung insgesamt, die Simulation ist ein Teil davon. Trainiert werden die Abläufe nicht nur für Transport und Versorgung von verwundeten Soldatinnen und Soldaten im Ernstfall, sondern auch für große Truppenbewegungen quer durch Europa.
Erstmals Zutritt für Journalisten
Erstmals haben Journalisten dabei Zutritt in einen Sicherheitsbereich des NATO-Kommandos in Ulm, das diese Transporte und Truppenbewegungen koordiniert. Es ist der Raum, in dem die Übung stattfindet. Der Raum ist so groß wie eine Sporthalle, fensterlos und speziell gesichert. Neben den Spielszenarien sieht es ähnlich aus wie in einem Großraumbüro. Allerdings: Menschen in Uniformen sitzen an Computerbildschirmen. An großen Bildschirmen gibt es verschiedene Lagebilder.
Für das Training hat die NATO eine Simulation entwickelt, die einen bewaffneten Konflikt darstellt, in den die NATO-Staaten eingebunden sind - also den Bündnisfall nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrages. Genau das wird in Ulm geübt.
Ziel des "Wargames": Abläufe zu analysieren und zu verbessern
Neben dem Transport und der Versorgung von verwundeten Soldaten spielen sogenannte Regional-Pläne eine Rolle. Dabei geht es um die schnelle Aktivierung von Ressourcen in verschiedenen Regionen Europas und deren Eingliederung in die NATO-Befehlsebenen. Ziel des "Wargame" sei nicht, einen Sieger des Krieges festzustellen, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der NATO. Vielmehr sollen die bestehenden Abläufe in dieser Übung analysiert und dadurch Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert werden.
Das NATO-Kommando JSEC in Ulm ist seit 2021 in Betrieb. Zu ihm gehören nach eigenen Angaben etwa 450 Soldatinnen und Soldaten aus 30 Nationen.