Selbstverständlich halte man sich in Ulm an die Vorgaben des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums und friere sämtliche gemeinsame Projekt mit Russland ein, stellt der Präsident der Universität, Professor Michael Weber, im Gespräch mit dem SWR klar. Allein schon aus Solidarität mit der Ukraine. Erlaubt seien allerdings weiterhin persönliche Kontakte zu Wissenschaftlern in Russland. Eine heikle Sache: "Das sind momentan ganz diffizile und komplexe Konstellationen", sagt Weber.
Hören Geheimdienste möglicherweise Gespräche mit?
Denn es sei durchaus möglich, dass derartige Gespräche abgehört würden. "Wir gehen davon aus, dass das nicht im Verborgenen bleibt und die Geheimdienste so etwas mitkriegen", erklärt der Ulmer Uni-Präsident. "So kann man mit solchen persönlichen Kontakten natürlich auch gewisse Schäden anrichten." Der russische Kollege oder Kollegin könnte dadurch erheblich in die Bredouille geraten.
Aber es gebe auch eine andere Seite, so Weber. "Man kann mit solchen Kontakten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in Russland darin bestärken, dass Wissenschaft auch über Grenzen hinweg funktioniert. Also stützt man auch Wissenschaftler, die sich mit dem russischen Regime nicht identifizieren."
Gerade in Krisenzeiten eine Möglichkeit, in Kontakt zu bleiben
Das Dekanat für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften der Universität Ulm hatte zwar bereits am Freitag erklärt, den persönlichen und wissenschaftlichen Austausch zwischen Professoren weiter betreiben zu wollen - wie auch die Aufnahme von russischen und belarussischen Studierenden. Wissenschaft schlage immer auch Brücken, meinte der Dekan der mathematischen und wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung gegenüber dem Präsidium der Universität. Wissenschaftlicher und künstlerischer Austausch seien gerade in Krisenzeiten eine Möglichkeit, in Kontakt zueinander zu bleiben.
Das Einfrieren aller gemeinsamen Projekte und Austauschprogramme auf institutioneller Ebene habe auch für die Ulmer Seite negative Folgen. "Ein Nachteil ist, wenn das länger dauert, dass die Kontakte einschlafen können, auch dass Vertrauensbasen, die man über Jahre hinweg geschaffen hat, darunter leiden können", sagt Präsident Weber. Es sei auch ein Nachteil, wenn in der Folge weniger Studierende aus Russland nach Ulm kämen.

Hochschule Neu-Ulm: Wertvoller Partner geht verloren
Auch der Kanzler der Hochschule Neu-Ulm, Marcus Dingel, macht sich Sorgen, wenn die Zusammenarbeit mit der Partnerhochschule in Moskau, der National University of Science and Technology, beendet wird. "Da geht natürlich eine wertvolle Partnerhochschule verloren." Nicht nur der Wissensaustausch könne nicht mehr stattfinden, sondern auch der kulturelle Austausch. Es seien stets gute Kontakte gewesen und ein gutes gegenseitiges Kennenlernen, meint Dingel.
Ob seine Kollegen und Kolleginnen jetzt ihre persönlichen Kontakte nach Russland aufrecht erhalten sollen? Der Neu-Ulmer Hochschulkanzler weiß es nicht. "Ich kann im Moment keine Empfehlungen aussprechen. Da müssen wir uns nochmal absprechen, auch mit den anderen bayerischen Hochschulen." Derzeit studieren auch 19 junge Männer und Frauen aus Russland in Neu-Ulm. Sie können, zumindest vorerst, bleiben.