Für betroffene Autobesitzer sah das am Dienstagmorgen oft so aus: Ein platter Reifen vorne links, ein kleines, grünes Samenkorn, das in den Ventilen steckte und ein unter den Scheibenwischer geklemmter "Strafzettel", mit anonymem Absender. In dem Schreiben heißt es unter anderem: "Anlässlich der globalen Klimakatastrophe haben Aktivist*innen in Ulm (...) SUVs temporär entwaffnet, indem sie die Luft aus einem der vier Reifen ließen (...)." Denn, so die Begründung, die SUVs seien umweltschädlich.

Einen platten Vorderreifen hatte auch Sabine Schüssler aus Ulm-Söflingen. Und damit stand die Autobesitzerin am Dienstagmorgen nicht alleine da: Es gebe einige, hier in der Straße und in der Nebenstraße, die einen solchen Zettel am Auto hätten, erzählt sie.
"Also ich musste jetzt nicht unbedingt wegfahren, aber mit ADAC und so, ist das natürlich ärgerlich."
Die Pannenhilfe kam schnell und pumpte den Reifen wieder auf. Der Mitarbeiter des ADAC war am Dienstagmorgen schon einige Male in Ulm unterwegs. Und immer bot sich ihm das gleiche Bild - ein platter Reifen, vorne links, meistens bei SUVs.
Der Polizei wurden bis Dienstagnachmittag 16 Fälle gemeldet, überwiegend in Söflingen und rund um die Frauenklinik in Ulm. Joachim Schulz, Sprecher des Polizeipräsidiums Ulm, sagte dem SWR, beim Ablassen von Luft aus Autoreifen könne es sich um eine Sachbeschädigung handeln. Das müsse jedoch im Einzelfall geprüft werden. Die Polizei ermittle bereits. Wer hinter der Aktion stecke, sei aber bislang noch unklar.
"Generell sollten Betroffene sich mit uns in Verbindung setzen und den Vorfall melden."
Vorwurf an SUV-Besitzer: Klimazerstörung und Platzverbrauch
In ihren selbst erstellten Strafzetteln legen die anonymen Verfasser den Fahrzeughaltern Ressourcenverschwendung, Klimazerstörung, erhöhte Unfallgefahr, unnötigen Platzverbrauch und Luftverschmutzung zur Last. Charlie Kiehne, Klimaaktivistin aus Ulm, bekannt von einer Baumbesetzung am Uni-Wald und anderen Aktionen, sieht das Vorgehen eher kritisch. "Also ich finde es erstmal eine interessante Aktionsform, die gab es schon mehrmals in Deutschland", sagte sie dem SWR. Gleichzeitig finde sie aber, dass der Ansatz nicht zu 100 Prozent der Richtige sei.
"Weil der sich wieder an die individuellen Menschen richtet, (...) in den meisten Fällen erregt das einfach nur Unmut."
So wie bei der betroffenen Autobesitzerin Sabine Schüssler. Ihr Reifen hat wieder Luft, für die Aktion hat die Söflingerin aber überhaupt kein Verständnis. "Also jetzt kommen Tausend Abschleppwagen, das ist ja total schädlich für die Umwelt. Das bringt ja gar nix."