Eine Mutter oder ein Vater spricht vor einer Kamera. Erzählt aus dem Leben, gibt Erfahrungen weiter. Wichtige Ratschläge an ein Kleinkind, das ohne diesen Elternteil aufwachsen wird. Die Idee dazu hatten Ärztin Sarah Krämer und Klaus Hönig, Psychologe an der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Ulm.
Den Impuls gab eine Begegnung mit einer jungen Mutter in der Frauenklinik, erzählt Sarah Krämer. "Sie saß in ihrem Bett und weinte, dabei hatte sie ein Bild von einem etwa anderthalbjährigen Kind im Arm."
"Sie berichtete dann, dass sie eben erfahren hatte, dass sie wohl Weihnachten nicht erleben wird."
"Und die Gedanken kreisten darum: Wird sich dieses Kind an sie erinnern können?" Sarah Krämer suchte nach einer Möglichkeit, der Mutter zumindest diese Sorge zu nehmen, fand aber kein schon bestehendes Projekt. Mit einem kleinen Team beschloss sie, selbst aktiv zu werden und mit betroffenen Eltern in dieser Situation einen Film zu drehen.
Eltern entscheiden selbst über Erinnerung
Ein Film bietet den Betroffenen die Möglichkeit, ihre Geschichte selbst zu erzählen. Und ein Film kann einfangen, wie die Person spricht, lächelt oder weint. "Man sieht die strahlenden Augen, man hört, wie sich die Stimme verändert, wenn sie oder er über das Kind spricht", sagt Sarah Krämer. Die Protagonisten müssen nicht darauf vertrauen, was der Partner oder die Eltern einmal den Kindern berichten.

Im Februar 2022 ist der erste Film entstanden, drei sind es bisher insgesamt. Gespeichert auf einem USB-Stick, verpackt in einer richtigen Schatzkiste aus Holz. Finanziert wird das Projekt zum großen Teil aus Spenden. Wenn die Mittel reichen, sollen im kommenden Jahr fünf bis zehn solcher Filme entstehen.
Film kann auch eine Therapie sein
Die können nicht nur für die Angehörigen ein Trost sein, sondern sind auch eine Therapie für die betroffene Person, sagt Projektleiter Klaus Hönig. Weil sie sich so intensiv mit sich selbst auseinandersetzen muss. "Und dadurch über ihr Leben reflektiert und auch ein Stück weit ans Lebensende guckt, was wir ja alle nicht so gerne tun, aber was durchaus einen Benefit hat, weil man dadurch relativ unverstellt wieder die eigenen Bedürfnisse und Werte erkennt. Das wiederum ist für die Planung der restlichen Zeit extrem hilfreich", so Hönig.
Das ist nicht nur die Theorie, sondern auch eine Erfahrung aus den ersten Filmdrehs, erzählt Sarah Krämer. "Da kam eigentlich von allen die Rückmeldung: Das war das Schwerste, was ich bisher getan habe. Aber es war sehr schön."

Therapeutinnen und Therapeuten unterstützen die Betroffenen
Und weil es so schwer ist, sind auch immer Therapeutinnen und Therapeuten wie Sarah Krämer anwesend und begleiten die Filmproduktion. Das ist auch für sie eine besondere Situation. Belastend, und dennoch spricht die Ärztin vielmehr von einer tiefen Dankbarkeit. "Wir können vielleicht nichts ändern an dieser Erkrankung, aber wir können einen Teil festhalten. Wir können einen Teil dieser Liebe festhalten, wir können es transportieren und wir können eine Verbindung über den Tod hinaus schaffen."
Wer selbst betroffen ist und gerne den Film eines Lebens drehen möchte, kann sich direkt an Sarah Krämer und Klaus Hönig wenden. Auf der Homepage des Projekts ist auch das Spendenkonto zu finden.