"Wandel und Widerstand", das ist das Thema der Ulmer Denkanstöße in diesem Jahr. Von Donnerstag bis Samstag wird im Stadthaus diskutiert - über Klimawandel, Familien im Wandel und über die Welt im Umbruch. Die Veranstaltungen werden auch im Internet übertragen. Initiatorin und Organisatorin der Denkanstöße ist Renate Breuninger, die Geschäftsführerin des Humboldt Studienzentrums der Universität Ulm.
SWR: Frau Breuninger, so eine Veranstaltungsreihe wird lange im Voraus geplant - können Sie denn auf aktuelle Entwicklungen in der Welt wie den Ukraine-Krieg reagieren?
Renate Breuninger: Das Erstaunliche ist: Wir waren immer aktuell, immer am Puls der Zeit. Vor zwei Jahren hatten wir die Denkanstöße abbrechen müssen wegen der Corona-Krise. Da war Konstantin Wecker da und wir mussten unmittelbar vor ihm alles absagen. Und letztes Jahr hatten wir die Denkanstöße auch wieder sehr aktuell zur "Demokratie: Auslauf- oder Zukunftsmodell?" Und genau jetzt hätte es nicht aktueller sein können: Wandel und Widerstand. Jetzt stößt unser Thema eigentlich auf bitterste Realität, ohne dass wir das in der Weise wussten. Eigentlich sollte unser Thema Klimawandel sein. Wir wollten uns mit dem Wandel in der Zukunft befassen, Kontinuität und Wandel. Und jetzt hat es eben doch ein ganz anderes Ausmaß bekommen. Wir werden das natürlich auch mit thematisieren.
Die bekanntesten Redner sind dieses Mal sicherlich der ARD-Wetterexperte Sven Plöger und die Politikerin Gisela Erler. Aber auf welche Diskussion freuen Sie sich am meisten?
Ich freue mich natürlich auf alle unsere eingeladen Referentinnen und Referenten. Wir haben zwei Diskussionsrunden: Die eine beschäftigt sich mit nachhaltigem Konsum, Verzicht auf Freiheit. Bis jetzt wird Askese, was wir für wichtig halten, immer sehr negativ konnotiert und da wollen wir positive Sachen aufzeigen. Im zweiten Teil am Samstag geht es um Familie und Arbeitswelt im Spiegel von Gender. Da wollen wir den Wohlstand ganz neu denken. Auf was ich mich besonders freue, ist die Lesung von Martin Steinhagen, der über den rechten Terror spricht - und das ist ja auch eine Art von Widerstand: Die Selbststilisierung der rechten Szene, die sich mit Gewalt und Hetze gegen die Demokratie richtet. Das wird er am Mord von Walter Lübcke zeigen, an der NSU-Bewegung. Er hat das recherchiert, ist "Zeit Online"-Redakteur, war in der "Frankfurter Rundschau", und sein Buch liest sich sehr, sehr spannend. Er wird Fragen beantworten und aus seinem Buch lesen.
Sie organisieren schon seit 2008 die Denkanstöße. Hat die Veranstaltung sich so entwickelt, wie Sie das gedacht haben?
Ja. Als ich damals angefangen habe, 2004, wurde ich zu meinem damaligen Rektor bestellt, und er sagte mir: Jetzt machen Sie mal was draus, die Sparda-Bank ist bereit, was zu sponsern, die einzige Bedingung: zusammen mit der Stadt. Und da muss ich sagen, in all den 15 Jahren hat sich diese Kooperation mit der Stadt Ulm unglaublich intensiviert und sogar auch mit der Sparda-Bank. Wir sind so ein Triumvirat, wir gestalten gemeinsam das Programm. Wir haben gute Absprachen, jeder trägt irgendwas dazu bei. Es ist ein dermaßen schöner, gewinnbringender, intensiver Austausch, dass ich sehr, sehr glücklich darüber bin, wie die Denkanstöße jetzt sind.
Es sind dieses Jahr die letzten Denkanstöße, die Sie organisiert haben – wie geht es mit der Veranstaltung und mit Ihnen weiter?
Ich hätte es gern weitergemacht, gehe aber eben in Ruhestand. Und da kommt eine neue Professorin für Philosophie an der Universität Ulm im Humboldt-Studienzentrum. Und die wird es bestimmt sehr gut weitermachen.
Was wünschen Sie sich denn? Wie soll es mit den Denkanstößen weitergehen?
Ich wünsche mir nach wie vor, dass es dieses Miteinander gibt, dass die Universität in die Stadt kommt. Ich finde, sie soll nicht nur auf dem Oberen Eselsberg sitzen. Dieser Austausch war bis jetzt dermaßen gewinnbringend. Wir bekamen schon im Vorfeld viele E-Mails, und auch im Nachgang bekommen wir noch E-Mails. Das ist eigentlich sehr schön, wenn wir uns in verständlicher Weise ausdrücken können. Wir können so ein bisschen Steine ins Wasser werfen, wenn die dann Kreise bilden und Denkanstöße im besten Sinne geben, ist es wunderschön. Mehr können wir gar nicht wollen.