Blick über ein Feld nach Ulm (Foto: SWR, Maja Nötzel)

Projekt zur Stadterweiterung

Ulmer Kohlplatte: Neuer Stadtteil für 6.000 Menschen geplant

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Maja Nötzel
Maja Nötzel (Foto: SWR, SWR - Alexander Kluge)

Rund 2.500 Mietwohnungen und Einfamilienhäuser will die Stadt Ulm am westlichen Stadtrand bauen. Auf der sogenannten Kohlplatte soll ein komplett neuer Stadtteil entstehen.

Noch sind auf der Kohlplatte Felder, Wiesen, Wege. Menschen gehen dort mit ihren Hunden spazieren, manchmal sind Reiter und Pferde unterwegs. Das Areal gilt als Teil des Ulmer Hochsträß'. Man hat einen weiten Blick übers Blautal, auf den Ulmer Eselsberg, auch auf das Wohngebiet Roter Berg. Aber schon seit den 70er Jahren möchte die Stadt Ulm in dem Bereich zwischen Kurt-Schumacher-Ring und Maienwäldle im Söflinger Westen Häuser bauen.

Landschaft in Ulm: Auf der sogenannten Kohlplatte soll ein komplett neuer Stadtteil entstehen (Foto: SWR, Maja Nötzel)
Auf der Kohlplatte soll ein komplett neuer Stadtteil entstehen. Allerdings gibt es dort laut BUND rund 40 Vogelarten und zudem Fledermausarten, die vom Aussterben bedroht sind.

Kohlplatte - letztes großes Gebiet für Stadterweiterung?

Die Pläne fallen inzwischen kleiner aus. Aber es sind immer noch knapp 40 Hektar freie Fläche auf der Kohlplatte, die bebaut werden sollen. Laut Stadtverwaltung ist es auf absehbare Zeit sogar das letzte große Gebiet für eine Stadterweiterung. In den ländlich geprägten Teilorten Ulms sollen keine weiteren landwirtschaftlichen Flächen versiegelt werden, so der Plan. 

Im Flächennutzungsplan ist markiert, wo der neue Stadtteil entstehen soll.  (Foto: Stadt Ulm, Beschlussvorlage )
Hier soll der neue Ulmer Stadtteil entstehen (Auszug des Flächennutzungsplanes aus der Beschlussvorlage für die Sitzung des Bauauschusses 2019).

2019 hatte der Bauausschuss des Gemeinderates beschlossen, dass auf der Kohlplatte ein ähnlich dichtes Wohngebiet entstehen soll, wie es in den 90er Jahren auf dem neuen Eselsberg entstand. In diesem Wohngebiet gibt es nicht nur ein Stadtteilzentrum mit Ärzten, Bäckern und einem Supermarkt, sondern auch Grünflächen und eine Grundschule.

Laut Beschlussvorlage vom Oktober 2019 strebt die Verwaltung "eine hohe Ausnutzung der verfügbaren Flächen bei gleichzeitig hoher städtebaulicher Qualität" an. Das bedeutet: Drei Viertel des Wohnraums sollen als Geschosswohnungen, ein Viertel in Form von Einfamilienhäusern verwirklicht werden.

Wie weit ist man mit dem geplanten Stadtteil Kohlplatte?

Seit dem Bebauungsbeschluss hat die Stadt verschiedene Gutachten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse der Fachgutachten zu Stadtklima, Starkregen, Artenschutz, Geologie, Lärm und Nahversorgung werden bei Informationsveranstaltungen mit Baubürgermeister Tim von Winning vorgestellt. Die erste Informationsveranstaltung dieser Art ist am Dienstag, 17. Mai 2022, von 19 bis 21 Uhr im Donau-Saal der Ulm-Messe. Es soll dabei auch um die künftige Verkehrsanbindung gehen.

Blick vom neuen Eselsberg auf die Kohlplatte im Westen Ulms, wo ein neuer Stadteil entstehen soll. (Foto: SWR, Maja Nötzel)
Blick vom neuen Eselsberg auf die Kohlplatte im Westen Ulms, wo ein neuer ähnlich dicht bebauter Stadtteil entstehen soll.

Seit den 70ern hat die Stadt Ulm kontinuierlich Grundstücke gekauft, jetzt können die nächsten Schritte für die Bebauung der Kohlplatte gemacht werden. Jedoch hat die Stadt noch nicht alle nötigen Grundstücke erworben und keine zusammenhängende Fläche. Es fehlen noch rund 30 Prozent des Gebietes, bestätigt die Ulmer Chefstadtplanerin Carola Christ.

"Wir sehen jetzt, dass noch nicht 100 Prozent im städtischen Eigentum sind. Es ist einfach schwierig, die Grundstücke alle zu erwerben."

Falls die Stadt alle benötigten Grundstücke kaufen kann, wird es noch mindestens bis 2028 dauern, bis die ersten Häuser gebaut werden können. Jetzt sollen zunächst die Ziele des neuen Stadtteils definiert werden. "Innovationsquartier, smart, digital, klimaneutral" - das sind die Stichworte.

Frühestens 2024 steht ein städtebaulicher Wettbewerb auf dem Projektplan, so Christ weiter. Außerdem ist eine eventuelle Verlängerung der Straßenbahnlinie 1 bis in das neue Wohngebiet im Moment fraglich. Laut einem Gutachten haben alle vorliegenden Varianten so ungünstige Kosten-Nutzen-Verhältnisse, dass sie nach heutigem Stand nicht bezuschusst werden können.

Welche Einwände hat der BUND gegen das Baugebiet Kohlplatte?

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat Einwände. Denn im Gebiet Kohlplatte brüten fast 40 Vogelarten, das hat ein artenschutzrechtliches Gutachten ergeben. Demnach leben hier zudem 15 Fledermausarten, darunter auch stark gefährdete. Eine sei zudem vom Aussterben bedroht, sagt die Geschäftsführerin des BUND-Regionalverbands Donau-Iller, Jana Slave.

"Aus unserer Sicht darf dieses Baugebiet nicht kommen. Hauptargument ist der Verlust einer der Kalt- und Frischluftschneisen, die für das Stadtklima in Ulm wichtig sind."

Aus Sicht der Naturschützer gibt es viele andere Gebiete, wo Menschen wohnen können. Diese Bereiche sollten zuerst bebaut oder entwickelt werden. Wie beim Blautalcenter, das zu Wohnungen umgebaut werden soll, gebe es in Ulm noch mehr Möglichkeiten. Solche Flächen sollte die Stadt zuerst durch eine Potentialanalyse ermitteln, betont Jana Slave.

Stadtplanerin Christ ist jedoch anderer Meinung: Alle Gutachten der vergangenen zwei Jahren bestätigten, dass nichts gegen die Bebauung spreche. Die Probleme Kaltluftzufuhr, Starkregen, Artenschutz, Straßenbahnanbindung seien durch entsprechende planerische Maßnahmen beherrschbar.

"Von den Fachthemen spricht nichts dagegen, dass Gebiet zu entwickeln".

Welche Besonderheiten gibt es in Ulm?

In Ulm hat es Tradition, dass Grundstücke erst dann zu Baugebiet erklärt werden, wenn die Stadt sie besitzt. So sollen Spekulationen ausgebremst und bezahlbare Grundstückspreise erreicht werden. Ulm kauft die Grundstücke, bebaut sie und verkauft sie wieder, wobei die Stadt sich ein Wiederkaufsrecht im Grundbuch eingetragen lässt. Dadurch hat die Stadt größeren Einfluss darauf, was im neuen Baugebiet errichtet wird. 20 bis 30 Prozent der Fläche bebaut in der Regel die städtische Wohnbaugesellschaft, ein weiterer Teil geht an Genossenschaften und Baugemeinschaften.