Noch sind auf der Kohlplatte Felder, Wiesen, Wege. Menschen gehen dort mit ihren Hunden spazieren, manchmal sind Reiter und Pferde unterwegs. Das Areal gilt als Teil des Ulmer Hochsträß'. Man hat einen weiten Blick übers Blautal, auf den Ulmer Eselsberg, auch auf das Wohngebiet Roter Berg. Aber schon seit den 70er Jahren möchte die Stadt Ulm in dem Bereich zwischen Kurt-Schumacher-Ring und Maienwäldle im Söflinger Westen Häuser bauen.
Kohlplatte - letztes großes Gebiet für Stadterweiterung?
Die Pläne fallen inzwischen kleiner aus. Aber es sind immer noch knapp 40 Hektar freie Fläche auf der Kohlplatte, die bebaut werden sollen. Laut Stadtverwaltung ist es auf absehbare Zeit sogar das letzte große Gebiet für eine Stadterweiterung. In den ländlich geprägten Teilorten Ulms sollen keine weiteren landwirtschaftlichen Flächen versiegelt werden, so der Plan.
2019 hatte der Bauausschuss des Gemeinderates beschlossen, dass auf der Kohlplatte ein ähnlich dichtes Wohngebiet entstehen soll, wie es in den 90er Jahren auf dem neuen Eselsberg entstand. In diesem Wohngebiet gibt es nicht nur ein Stadtteilzentrum mit Ärzten, Bäckern und einem Supermarkt, sondern auch Grünflächen und eine Grundschule.
Laut Beschlussvorlage vom Oktober 2019 strebt die Verwaltung "eine hohe Ausnutzung der verfügbaren Flächen bei gleichzeitig hoher städtebaulicher Qualität" an. Das bedeutet: Drei Viertel des Wohnraums sollen als Geschosswohnungen, ein Viertel in Form von Einfamilienhäusern verwirklicht werden.
Wie weit ist man mit dem geplanten Stadtteil Kohlplatte?
Seit dem Bebauungsbeschluss hat die Stadt verschiedene Gutachten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse der Fachgutachten zu Stadtklima, Starkregen, Artenschutz, Geologie, Lärm und Nahversorgung werden bei Informationsveranstaltungen mit Baubürgermeister Tim von Winning vorgestellt. Die erste Informationsveranstaltung dieser Art ist am Dienstag, 17. Mai 2022, von 19 bis 21 Uhr im Donau-Saal der Ulm-Messe. Es soll dabei auch um die künftige Verkehrsanbindung gehen.
Seit den 70ern hat die Stadt Ulm kontinuierlich Grundstücke gekauft, jetzt können die nächsten Schritte für die Bebauung der Kohlplatte gemacht werden. Jedoch hat die Stadt noch nicht alle nötigen Grundstücke erworben und keine zusammenhängende Fläche. Es fehlen noch rund 30 Prozent des Gebietes, bestätigt die Ulmer Chefstadtplanerin Carola Christ.
Falls die Stadt alle benötigten Grundstücke kaufen kann, wird es noch mindestens bis 2028 dauern, bis die ersten Häuser gebaut werden können. Jetzt sollen zunächst die Ziele des neuen Stadtteils definiert werden. "Innovationsquartier, smart, digital, klimaneutral" - das sind die Stichworte.
Frühestens 2024 steht ein städtebaulicher Wettbewerb auf dem Projektplan, so Christ weiter. Außerdem ist eine eventuelle Verlängerung der Straßenbahnlinie 1 bis in das neue Wohngebiet im Moment fraglich. Laut einem Gutachten haben alle vorliegenden Varianten so ungünstige Kosten-Nutzen-Verhältnisse, dass sie nach heutigem Stand nicht bezuschusst werden können.
Welche Einwände hat der BUND gegen das Baugebiet Kohlplatte?
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat Einwände. Denn im Gebiet Kohlplatte brüten fast 40 Vogelarten, das hat ein artenschutzrechtliches Gutachten ergeben. Demnach leben hier zudem 15 Fledermausarten, darunter auch stark gefährdete. Eine sei zudem vom Aussterben bedroht, sagt die Geschäftsführerin des BUND-Regionalverbands Donau-Iller, Jana Slave.
Aus Sicht der Naturschützer gibt es viele andere Gebiete, wo Menschen wohnen können. Diese Bereiche sollten zuerst bebaut oder entwickelt werden. Wie beim Blautalcenter, das zu Wohnungen umgebaut werden soll, gebe es in Ulm noch mehr Möglichkeiten. Solche Flächen sollte die Stadt zuerst durch eine Potentialanalyse ermitteln, betont Jana Slave.
Stadtplanerin Christ ist jedoch anderer Meinung: Alle Gutachten der vergangenen zwei Jahren bestätigten, dass nichts gegen die Bebauung spreche. Die Probleme Kaltluftzufuhr, Starkregen, Artenschutz, Straßenbahnanbindung seien durch entsprechende planerische Maßnahmen beherrschbar.
Welche Besonderheiten gibt es in Ulm?
In Ulm hat es Tradition, dass Grundstücke erst dann zu Baugebiet erklärt werden, wenn die Stadt sie besitzt. So sollen Spekulationen ausgebremst und bezahlbare Grundstückspreise erreicht werden. Ulm kauft die Grundstücke, bebaut sie und verkauft sie wieder, wobei die Stadt sich ein Wiederkaufsrecht im Grundbuch eingetragen lässt. Dadurch hat die Stadt größeren Einfluss darauf, was im neuen Baugebiet errichtet wird. 20 bis 30 Prozent der Fläche bebaut in der Regel die städtische Wohnbaugesellschaft, ein weiterer Teil geht an Genossenschaften und Baugemeinschaften.