Das Theater Ulm schreibt Operngeschichte - mit einer Uraufführung über den Heiligen Franziskus von Assisi. Vor der ersten Aufführung von "Le petit pauvre d’Assise" hat sich das Haus sogar den päpstlichen Segen eingeholt.
Post aus dem Vatikan kam überraschend schnell
Die Idee, für diese Uraufführung den Vatikan anzuschreiben, sei irgendwann im Team einfach aufgekommen, erzählt Intendant Kay Metzger dem SWR. "Könne man doch mal machen, war der Gedanke, wenn wir schon eine Oper über den Heiligen Franziskus haben". So habe man ein Schreiben in deutsch und italienisch verfasst und schon nach wenigen Wochen die Antwort über ein Sekretariat erhalten. Dass seine Heiligkeit, der damalige Papst Franziskus, die Aufführung und das gesamte Theaterteam in seine Gedanken und Gebete einschließen würde. "Das fanden wir sehr schön", so Kay Metzger.

Letzte Proben der Franziskus-Oper während des Konklave
Dass nun die letzten Vorbereitungen der großen Oper während des Konklaves in Rom stattfanden, sei schon eine besondere Konstellation gewesen, so Metzger. Doch man habe sich voll auf dieses große und gewaltige Werk von Tournemire konzentriert: "Da sind alle angespannt und geben ihr Bestes. Jeder weiß, das ist nicht 'business as usual'". Zwei Orchester müssen in der Aufführung harmonieren - eines im Orchestergraben, das andere auf der Bühne. Zudem gebe es sehr lange instrumentale Phasen, die höchste Aufmerksamkeit bei allen Beteiligten erforderten.

Franziskus-Oper – nicht nur was für Glaubenskenner
Die Oper über den heiligen Franziskus am Theater Ulm sei aber keinesfalls nur etwas für Glaubenskenner, verspricht der Intendant: ”Meine Hauptsorge war, es darf bei allem Respekt nicht so 'Oberammergaumäßig' daherkommen. Wir wollen wirklich keine franziskanischen Kutten auf der Bühne sehen", so Metzger. Die Wandlungsgeschichte des Franziskus von Assisi kommt daher recht modern daher. Laut Metzger wurde versucht, eine extreme Fallhöhe zu schaffen. Am Anfang gibt es eine sehr schrille High-Society-Welt. Im Unterschied dazu die Armut, die plötzlich nicht mehr bunt ist, wo alles schlicht wird.
"Jemand, der den Hebel völlig umdreht und sagt, ich will leben, wie es im Evangelium vorgegeben ist, wie Jesus gelebt hat. In Armut. Kein persönlicher Besitz, ganz im Dienste der Armen. Das ist ein extrem radikaler Schnitt, der beeindruckend ist".
Uraufführung über Heilige auch für junges Publikum
Die Geschichte über einen Menschen, der in relativ jungen Jahren einen ganz radikalen Lebenswechsel vorgenommen hat, werde in fünf Episoden erzählt und treffe durchaus den Zeitgeist. Denn es gebe viele aktuelle Anknüpfungspunkte, die auch junge Menschen ansprechen sollen, hofft der Intendant: "Also man würde heute sagen, es war ein Aussteiger aus etabliertem Hause, der Vater wohlhabend, erfolgreicher Tuchhändler in Assisi. Der gut erzogene und wahrscheinlich auch verwöhnte Sohn, der keine finanzielle Not, keinen Hunger gelitten hat - er dreht den Hebel völlig um und sagt, ich will leben, wie es im Evangelium vorgegeben ist, wie Jesus gelebt hat, in Armut. Kein persönlicher Besitz, ganz im Dienste der Armen. Das ist ein extrem radikaler Schnitt, der beeindruckend ist". Dabei ginge es auch um Respekt gegenüber Mensch und Natur und Liebe.
Intendant lebte als Jugendlicher im Kapuziner-Internat
Metzger selbst kann das Anliegen des damaligen Heiligen sehr gut nachvollziehen. Er konvertierte mit 14 Jahren zum katholischen Glauben, den er spannend fand, so der Intendant. Mehrere Jahre lebte er in einem Kapuziner-Internat: "Allerdings gingen wir in eine ganz normale Schule außerhalb des Klosters. Da war man immer mittendrin und nicht so abgeschottet. Das fand ich sehr bereichernd".

Zweites Werk von Charles Tournemire
Es ist schon das zweite Werk des französischen Komponisten Charles Tournemire, das im Großen Haus zur Uraufführung kommt, nach dem großen Erfolg von "La Légende de Tristan" im Jahr 2022. Zudem ziehe einen in der neuen Oper die Musik in ihren Bann - der französische Komponist Tournemire sei ein Genie: "Das sind großartige Stücke, insbesondere weil er ein Meister der Instrumentation war. Er kreiert ganz, ganz großartige Farben im Orchester, die zum Teil wirklich umwerfend sind.
Wichtige gesellschaftliche Fragen werden thematisiert
Die Oper wirft auch wichtige gesellschaftliche und kirchliche Fragen auf, etwa, wie geht man mit einem Heiligen um? Mit dem Mann, der eine Gemeinschaft von Bettelmönchen gründet hat. Und wie geht Franziskus mit Claire um, ebenfalls ein Mädchen aus adeligem Haus, das sich zu ihm gesellt und die Gemeinschaft der Clarissinnen gründet.
Alles in allem gebe es in dieser Oper viel Spielraum für eigene Ansichten, Schlüsse und Gedanken, so hofft Intendant Kay Metzger auf Publikumszuspruch. Zum Premierenabend am Donnerstag hätten sich auch Bischöfe und Dekane aus der Region angekündigt, hieß es. In Italien wird der Heilige Franziskus von Assisi gerne "Poverello", der kleine Arme, genannt. Daher stammt der ins französische abgewandelte Titel der Oper, "Le petit pauvre d'Assise". Die Franziskus-Oper wird noch bis Juli im Großen Haus des Theater Ulm gezeigt.