Goebbels-Vergleich nicht durch Meinungsfreiheit gedeckt

Karwendelbahn: Heidenheimer verliert Rechtsstreit gegen Journalisten

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Christian Michael Hammer

Im Konflikt um die Karwendelbahn zwischen dem Heidenheimer Unternehmer Wolfgang Reich und dem Markt Mittenwald in Oberbayern kehrt keine Ruhe ein. Nun hatte ein Journalist geklagt.

Karwendelbahn bei Mittenwald auf dem Weg zur Bergstation (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Ursula Düren)
Um die Karwendelbahn bei Mittenwald in Oberbayern gibt es seit Jahren Streit.

Touristen und Bergbegeisterte können mit der Karwendelbahn, einer Seilbahn im bayerischen Mittenwald, in die idyllische Bergwelt auf 2.244 Meter Höhe gondeln. Friedlich geht es dort aber nicht zu. Der Heidenheimer Unternehmer Wolfgang Reich hält die Mehrheit der Anteile am Aktienunternehmen Karwendelbahn. Seit einem Jahrzehnt geht es hin und her zwischen den Markt Mittenwald und dem Heidenheimer Unternehmer, der immer wieder gegen die Kommune prozessiert.

Berichterstattung Karwendelbahn: Vorwurf der Propoganda

Am Dienstag nun ist ein Verfahren vor dem Oberlandesgericht München zu Ende gegangen, bei dem ein Journalist gegen Reich geklagt hatte - wegen Beleidigung. Der Journalist arbeitet beim "Garmischer Tagblatt" und hatte über die Entwicklungen rund um die Karwendelbahn berichtet. Der Artikel war Anlass für Wolfgang Reich, dem Journalisten Propaganda vorzuwerfen und ihn mit NS-Propagandaminister Joseph Goebbels zu vergleichen. 

Gericht: Goebbels-Vergleich nicht durch Meinungsfreiheit gedeckt

Das Oberlandesgericht München entschied am Dienstag, Reichs Aussage sei nicht im Rahmen der Meinungsfreiheit möglich gewesen. Er dürfe den Journalisten nicht mit Goebbels vergleichen.

Kapitel im langen Streit um die Vermarktung der Karwendelbahn

Es ist ein kleines Kapitel in einer eigentlich viel größeren Geschichte: Dem Streit um die Vermarktung der Seilbahn. Reich - sprich die Karwendelbahn AG - hat inzwischen an der Bergstation eine Brauerei und eine Schnapsbrennerei gebaut. Rechtswidrig, sagt das zuständig Landratsamt in Garmisch-Patenkirchen. Der Heidenheimer sieht sich aber im Recht und will im Frühjahr damit anfangen, Whisky zu brennen und Craft-Bier zu brauen.

"Festzuhalten bleibt, dass unserer Meinung nach für den Einbau einer Brennerei und auch einer Brauerei überhaupt keine Baugenehmigung notwendig ist, sondern lediglich möglicherweise für den Anbau."

Der Markt Mittenwald hat laut Bürgermeister Enrico Corongiu (SPD) die Klagen vor Gericht auf ein "absolut notwendiges Mindestmaß" heruntergefahren und so auch die Prozesskosten gesenkt, von 300.000 Euro im Jahr 2020 auf rund 142.000 Euro im vergangenen Jahr. "Wolfgang Reich versteht unter einem Konsens, dass letztendlich nur all seine Forderungen erfüllt werden", so der Mittenwalder Bürgermeister.

"Für mich zählt, wer es sagt. Sicherlich gibt es da rote Linien, aber sonst treffen wir uns nur noch vor Gericht."

Reich spricht in einem Schreiben an den SWR von zwei Millionen Euro verschwendetem Steuergeld. Öffentlich nennt er Corongiu einen Lügner. Dahinter steckt laut Reich die Absicht der Gemeinde Mittenwald, die Karwendelbahn AG, so wörtlich, "in die Knie zu zwingen." Um dann, so Reich weiter, bei einer Pleite günstig die Anteile aus der Insolvenzmasse kaufen und die Bahn wieder in eigener Regie betreiben zu können. 

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