Die antisemitischen Schmierereien in Langenau (Alb-Donau-Kreis) haben für Aufsehen gesorgt. Die vorläufige Einstellung der Ermittlungen gegen einen Tatverdächtigen ebenfalls. Am Freitag hatte sich die Staatsanwaltschaft erstmals schriftlich dazu geäußert.
Dass da ein anderer Eindruck in der Öffentlichkeit entstanden ist, bedauere ich sehr, da bin ich sehr unglücklich drüber. Aber ich hoffe, ich konnte es jetzt richtigstellen.
Kernpunkt der Stellungnahme des Behördenleiters, Christof Lehr: Die Ermittlungen gegen einen Beschuldigten seien eingestellt worden, weil sich der Anfangsverdacht gegen den Mann nicht habe erhärten lassen. Im SWR-Gespräch stellte Lehr klar: "Wir haben das Verfahren nicht eingestellt, weil wir Ressourcen sparen wollten".
Die Kommunikation dieser Angelegenheit verlief, um Lehr zu zitieren, "nicht glücklich". Es gab in den vergangenen Tagen viel Unverständnis für die Einstellung eines Verfahrens um antisemitische Schmierereien, um Volksverhetzung und Brandstiftung. Es entstand der Eindruck, die Behörde würde sich nicht hinreichend um den Fall kümmern, den Fall bagatellisieren.
In der Sache selbst werde allerdings weiter ermittelt, teilte Staatsanwalt Michael Bischofberger am Montag dem SWR mit. Die Ermittlungen richteten sich demnach momentan gegen Unbekannt.
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Einstellung der Ermittlungen: Staatsanwaltschaft Ulm betont unzureichende Beweislage
Am Freitag hatte die Staatsanwaltschaft Ulm in einer Pressemitteilung betont, die Ermittlungen gegen einen Tatverdächtigen seien wegen der unzureichenden Beweislage eingestellt worden. Es hatte zunächst einen Beschuldigten gegeben, einen 29-jährigen Mann aus dem Kreis Heidenheim. Daraufhin gab es einen Anfangsverdacht: Weil der Tatverdächtige in unmittelbarer Nähe zweier Tatorte war. Weil der Tatverdächtige vor der Polizei zu fliehen versucht hatte. Weil die DNA des Tatverdächtigen am Fluchtfahrzeug - einem Fahrrad - gefunden wurde.
Das war es dann aber auch schon an belastenden Hinweisen. Die Ermittler fanden keine Spraydosen, keine weiteren Spuren. "Eine antisemitische Gesinnung des Beschuldigten konnte ebenfalls nicht festgestellt werden", so Lehr. Fazit: "Bei dieser Beweislage kommt eine Anklageerhebung aus den genannten Gründen nicht in Betracht, da kein über einen bloßen Anfangsverdacht gehender hinreichender Tatverdacht vorliegt."
Erste Stellungnahme der Stadt Langenau zitiert Staatsanwaltschaft
Als am vergangenen Montag die Einstellung der Ermittlungen öffentlich wurde, klang die Begründung allerdings anders: Seinerzeit äußerte sich die Stadt Langenau - und nicht die Staatsanwaltschaft selbst. In dem Schreiben heißt es: "Der Beschuldigte hat in einem anderen Strafverfahren eine derart hohe Strafe zu erwarten, dass die Vorwürfe mit Blick auf die Langenauer Taten nicht mehr entscheidend ins Gewicht fallen. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen vorerst eingestellt."
Einstellung des Verfahrens, "um Ressourcen zu sparen"?
Heißt im Klartext: Es seien wirtschaftliche Gründe, die bei der Entscheidung um die Einstellung des Verfahrens im Vordergrund standen.
Auch in SWR-Gesprächen mit der Pressestelle der Staatsanwaltschaft hieß es: Die Ermittlungen würden vorläufig eingestellt. Angesichts des anderen Strafverfahrens gegen den Beschuldigten sei dies "ein normales Verfahren, um Ressourcen zu sparen."
Der Aufschrei war verständlicherweise groß: Ein Verfahren wegen Antisemitismus und Volksverhetzung einzusparen, "um Ressourcen zu sparen"?
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Weil der Tatverdächtige in einem anderen Strafverfahren wohl eine Haftstrafe bekommt, stellt die Staatsanwaltschaft Ulm ein Verfahren wegen Volksverhetzung ein. Eine Fehlentscheidung, meint Alena Lagmöller aus der ARD-Rechtsredaktion..
Viele Beteiligte, viele Meinungen, viel Unschärfe
Die Bürgermeisterin von Langenau Daria Henning sprach davon, dass die "Bevölkerung verunsichert" sei, das "Sicherheitsgefühl erschüttert". Der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir hält die Einstellung des Verfahrens für einen "Skandal".
Viele Stimmen haben sich zu der Einstellung der Ermittlungen geäußert, von seiten der Staatsanwaltschaft, von der Stadt, Politik und Kirche. Beste Voraussetzungen für jede Menge Interpretationsspielraum und Unschärfe in der Kommunikation.
Mit der Pressemitteilung hoffte der Leitende Oberstaatsanwalt, Klarheit in die Angelegenheit zu bringen: "Wir haben das Verfahren nicht eingestellt, weil wir Ressourcen sparen wollten, sondern weil bei dieser Sachlage letztlich ein Tatnachweis nach meiner Beurteilung nicht zu führen ist", so Lehr im SWR-Gespräch. "Dass da ein anderer Eindruck in der Öffentlichkeit entstanden ist, bedauere ich sehr. Da bin ich sehr unglücklich drüber. Aber ich hoffe, ich konnte es jetzt richtigstellen."