Eine rote Winterdecke für die Kanzlerin, eine weiße für den Ministerpräsidenten - seit vergangener Woche verschickt Alfred Krauss aus Aalen täglich zwei Pakete mit Winterware, die er nicht mehr verkaufen kann. Dabei gehe es nicht darum, die Ware loszuwerden. Der Einzelhändler will ein Zeichen setzen.
Im Aalener Einzelhandel hat sich die Aktion herumgesprochen. Mittlerweile werden täglich mindestens zwanzig Pakete nach Stuttgart und Berlin geschickt. Mit Ware, die nicht mehr verkäuflich ist: Pralinen, Teegebäck, nicht ausgeschenktes Bier. Aus dem Laden von Susanne Marterer gehen verwelkte, nicht verkaufte Blumen an den Ministerpräsidenten. Verbunden mit der Bitte, ihren Laden mit komplettem Hygienekonzept wieder öffnen zu dürfen.
"Ich habe immer das Gefühl, dass die Großen wahrgenommen werden. Aber der gute, kleine Einzelhandel geht einfach unter."
Auch Inge Drabek versteht nicht, warum sie ihre Boutique nicht öffnen darf. Aus ihrer Sicht könnten sich hier zwei bis drei Kundinnen mit genügend Abstand problemlos aufhalten. Deshalb schickt sie jetzt täglich Winterbekleidung an die Kanzlerin. Von der Politik ist sie enttäuscht: Nur die Großen würden wahrgenommen, "aber der gute, kleine Einzelhandel geht einfach unter".
"Der Einzelhandel gehört zu den Branchen, die einfach von der Politik weggesperrt sind. (...) Und wir sehen nicht wirklich den Grund dafür."
Was in Stuttgart und Berlin mit den Aalener Paketen passiert, wissen die Einzelhändler noch nicht. Nach SWR-Informationen werden sie an die Absender zurückgeschickt. Dennoch soll der Paketversand von der Ostalb in die Landes- und Bundeshauptstadt vorerst weiter gehen. Denn wenn man es unter pandemischen Gesichtspunkten sehe, gebe es keinen Grund, warum der Einzelhandel geschlossen bleiben müsse, sagt Händler Alfred Krauss: "Wir passen auf, wir halten Abstand, wir haben Masken". Und so will er weiter täglich zur Post laufen, in der Hoffnung, dass die Aktion möglichst zeitnah irgendetwas bewirkt.