Der 100. Geburtstag von Otl Aicher (1922 - 1991) wird in Ulm gleich mit zwei Ausstellungen gefeiert. Ab 25. März zeigt das HfG-Archiv, das aus der berühmten Hochschule für Gestaltung hervorgegangen ist, eine Auswahl von 100 Plakaten. Viele davon sind für die Ulmer Volkshochschule entstanden, die seine spätere Ehefrau Inge Aicher-Scholl in den Nachkriegsjahren leitete.

Das Museum Ulm eröffnet im Herbst die Ausstellung "Otl Aicher - Widerstand und Protest: Symbole, Gesten, Signale". Schon in den 1960er Jahren entwarf der politisch engagierte Designer Plakate für die Ostermärsche. Später engagierte er sich auch in der Friedensbewegung in Mutlangen und protestierte 1983 gegen die Stationierung der Pershing-Raketen.
Olympia-Entwürfe mit internationaler Ausstrahlung
Zu den bedeutendsten Arbeiten von Otl Aicher zählt die komplette Gestaltung der Olympischen Spiele 1972 in München, woran er mit seinem bis zu 40-köpfigen Team fünf Jahre lang arbeitete. "Das hat eine ungeheure, eine internationale Ausstrahlung gehabt," erinnert sich sein ältester Sohn Florian Aicher, der Architekt geworden ist.
Wegweisend sind Aichers Piktogramme, mit denen er die olympischen Sportarten in wenigen Strichen erfasste, erklärt Florian Aicher am Familiensitz in Rotis im Allgäu und schwärmt: Sein klares, fast technisches Konzept beruhte auf einem Raster aus rechtwinkligen Linien und Diagonalen.
"Es ist natürlich sein Genie, darauf bewegte Figuren zu entwickeln. Und die sind - typisch für ihn - von der Natur abgeschaut."
Es sei vorgekommen, dass Otl Aicher Mitarbeiter eine Runde in den Hof geschickt habe, um mit dem Handball zu werfen, und das dann zeichnerisch zu erfassen. Eine Weltsprache ohne Buchstaben.

Als Mitbegründer der Hochschule für Gestaltung Ulm (1953-1968), die er auch vier Jahre lang leitete, setzte er Impulse in der Gestaltungsausbildung. Er gilt als Vorbild für Generationen von Designerinnen und Designern.

Sein Sohn Florian nimmt als Architekt immer Bezug zur Umgebung. "Ich entwickle meine Architektur aus den Gegebenheiten und Umständen", betont er. Die Bauten seines Vaters hingegen folgen einem anderen Prinzip.
"Sie scheinen jungfräulich in die Landschaft gesetzt zu sein, kontextlos und folgen einem einerseits funktionalen, andererseits formalen Prinzip."
Die Form folgt der Funktion, das war eines der Prinzipien an der legendären Hochschule für Gestaltung am Ulmer Kuhberg. Hier hat Aicher auch in einem der Dozentenhäuser mit seiner Familie gelebt. Diese stehen wie die gesamte HfG heute unter Denkmalschutz.
Florian Aicher erinnert sich an einen lebensfrohen, aber eher distanzierten Vater, der nicht viel Zeit für seine Kinder hatte. Aber er war auch jemand, "mit dem wir was erlebt haben, wir haben Fußball gespielt". Dabei erwähnt Aicher junior auch die väterliche Strenge der 1950er-Jahre mit Schlägen und Kellerarrest; Methoden, "die sich heutige Erziehende nicht mehr denken dürfen". Otl Aicher starb 1991 im Alter von 69 Jahren an den Folgen eines Verkehrsunfalls.