Die Figur des Melchior steht im Ulmer Münster. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa)

Nach extrem hitziger Debatte um Darstellung des schwarzen Königs

Museum Ulm erforscht Rolle des Melchior-Bildhauers Scheible

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Rainer Schlenz

Die Darstellung der historischen Melchior-Figur von Bildhauer Martin Scheible im Ulmer Münster hat bundesweit für eine hitzige Debatte gesorgt. Nun befasst sich das Museum Ulm mit dem Thema.

Der Bildhauer Martin Scheible sei ein ruhiger Mensch gewesen, sagt Museumsdirektorin Stephanie Dathe. Er habe Menschen sehr genau beobachtet, Gedichte geschrieben und er verfügte über ein reiches Gefühlsleben. Gleichwohl sei er von seiner Zeit geprägt: In den 1920er Jahren wurden auch in der bildenden Kunst bestimmte Stereotypen wiederholt - Menschen afrikanischer Herkunft wurden mit bestimmten Eigenschaften belegt. Dies schlug sich in Alltagsgegenständen, in der Literatur und auch in der Kunst nieder.

"Nach unseren Erkenntnissen machte Martin Scheible nicht den Anschein, als sei er expliziter Rassist gewesen."

Melchior (Foto: SWR, Timo Staudacher)
Will die Debatte um Scheibles Melchior versachlichen: Museumsleiterin Stefanie Dathe

Debatte um Melchiorfigur: Versachlichung angemahnt

Eine wissenschaftliche wie künstlerische Aufarbeitung im Museum Ulm soll die Debatte um den Bildhauer Martin Scheible und seine umstrittene Melchior-Figur erhellen. Museumsleiterin Stephanie Dathe will die Diskussion versachlichen.

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Die Aufregung über die Krippe im Ulmer Münster war groß: Denn der in den 1920er Jahren aus der Hand des Bildhauers Martin Scheible entstandene Melchior spielt mit Stereotypen und Überzeichnungen.

Wulstige Lippen, Feder-Kopfschmuck, Ring am Bein - ist so eine Darstellung des Schwarzen Königs in einer Weihnachtskrippe noch zeitgemäß? Mit dieser Frage setzte sich die Münstergemeinde auseinander und entschied sich dafür, die Krippe nicht mehr aufzustellen.

Ein überfälliger Schritt, meinten die Kritiker, nach deren Auffassung die Melchior-Figur rassistische Klischees bediene. Andere hielten die Entscheidung der Kirche für vollkommen überzogen. Dekan Ernst-Wilhelm Gohl sah sich heftigen Angriffen und Wutmails ausgesetzt.

Dekan Gohl im grauen Anzug vor dem Hintergrund der Weihnachtskrippe von Martin Scheible (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)
Der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl ist wegen der Entscheidung, die Krippe nicht mehr auszustellen, heftig attackiert worden.

Wie können wir in der heutigen Zeit damit umgehen? Das ist die zentrale Frage der Museumsmacher. Eines ist dabei klar: Die überhitzte Debatte sollte von einer ernsthaften Auseinandersetzung abgelöst werden. Dazu gehört eine Spurensuche. Wer war Martin Scheible? Was sagt die Wissenschaft? Was sagen die Nachfahren von Scheible?

Museum Ulm plant Ausstellung über Martin Scheible

Das Museum Ulm plant seit längerem eine Ausstellung über den Künstler Martin Scheible. Gezeigt werden sollen Schnitzereien, Zeichnungen, Gemälde und auch Gedichte des Künstlers.

Eine weitere Abteilung der Ausstellung befasst sich mit der medialen Darstellung der Debatte um Scheible und seinen Melchior. Großformatig will das Museum die Zeitungsartikel dazu projizieren und Filme zeigen.

Denkbar sei auch eine Auseinandersetzung mit dem Alltagsrassismus im Vokabular, das im vergangenen Jahrhundert so selbstverständlich genutzt wurde, erzählt Dathe: Es geht um Worte wie das "Mohrenköpfle" etc. Was ist akzeptabel und was nicht? Und wozu führt eine Vokabel wie das "N-Wort"?

Die Eröffnung der Ausstellung im Museum Ulm ist für den 18. Februar geplant. Ursprünglich war die Eröffnung im Advent angedacht. Dann entschieden sich die Organisatoren für einen späteren Termin - nämlich deutlich nach der ohnehin emotional aufgeladenen Weihnachtszeit.

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Rainer Schlenz