"Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" in einem Nobel-Club auf Sylt in eine Handykamera zu grölen, das deute laut Staatsanwaltschaft Flensburg nicht daraufhin, dass hier zu Hass oder Feindseligkeit in der Bevölkerung aufgestachelt werden sollte. Keine Volksverhetzung also, Ermittlungen eingestellt.

Auch die Staatsanwaltschaft Ulm hat es sich nun leicht gemacht, als es um Volksverhetzung ging: Ein Mann schmierte "Boycott Israel Juden vergasen" an die Martinskirche in Langenau am Rand der schwäbischen Alb. Weil gegen den Tatverdächtigen bereits ein Strafverfahren wegen eines Wohnungseinbruchs läuft, weswegen er wohl ins Gefängnis muss, stellt die Staatsanwaltschaft Ulm das Verfahren wegen Volksverhetzung ein.
Tatverdächtiger bekommt Mengenrabatt
Die antisemitischen Schmierereien werden wohl nicht weiterverfolgt, nicht aufgeklärt, eine Strafe wird es dafür nicht geben. Der Beschuldigte hat hier einen sogenannten Mengenrabatt bekommen. Das bedeutet: Wenn jemand wegen mehrerer Straftaten verdächtig ist, dann kann die Staatsanwaltschaft die Verfahren einstellen, bei denen am Ende eher geringe Strafen rauskommen. Strafen, die also gegenüber anderen Vorwürfen nicht so sehr ins Gewicht fallen werden.
Nach Parolen an Rathaus und Kirche Judenfeindliche Schmierereien in Langenau: Ermittlungen gegen Tatverdächtigen eingestellt
Ein 29-Jähriger soll für judenfeindliche Schmierereien in Langenau im Dezember 2024 verantwortlich sein. Warum das Ermittlungsverfahren dennoch vorerst eingestellt wurde.
Solche Befugnisse brauchen Staatsanwälte und Staatsanwältinnen. Sie sorgen dafür, dass sich die Ermittlerinnen und Ermittler auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren und nicht jeden Kleinkram ausermitteln müssen. Oder um es mit den Worten der Staatsanwaltschaft Ulm zu sagen: "Dass Ermittlungen eingestellt werden, ist ein normales Vorgehen, das Ressourcen sparen soll."
Kritik an Entscheidung: "Antisemitische Schmierereien sind keine Lappalie"
Überhaupt nicht normal ist es aber, Ressourcen ausgerechnet bei antisemitischen Straftaten einzusparen. Die Zustimmung zu antisemitischen Haltungen in der Bevölkerung nimmt zu, ebenso die Zahl antisemitischer Straftaten. Und in diesem gesellschaftlichen Klima behandelt die Staatsanwaltschaft Ulm die Schmierereien an der Martinskirche wie eine Lappalie.
Staatsschutz ermittelt Judenfeindliche Parolen an Kirche und Rathaus in Langenau
"Boycott Israel" und "Juden vergasen" ist am Sonntagmorgen am Portal der Martinskirche und am Rathaus in Langenau (Alb-Donau-Kreis) zu lesen. Laut Polizei ermittelt der Staatsschutz wegen der Schmierereien.
Dabei ist der "Mengenrabatt" sowieso nicht erlaubt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung darunter zu leiden hätte. Und das ist hier offensichtlich der Fall: Es erschüttert das Vertrauen in den Rechtsstaat, wenn jemand ungestraft solche abscheulichen Sätze an eine Kirchenwand schmiert.
Hier wurde nicht einfach nur die israelische Regierung kritisiert. Der Täter bezieht sich explizit auf den industrialisierten Massenmord an sechs Millionen Jüdinnen und Juden in der NS-Zeit. Dass die Staatsanwaltschaft Ulm hier Ressourcen spart, ist erschreckend. Diese Reaktion ist einfach zu wenig. So wird menschenverachtende Hetze bagatellisiert.