Schon von weitem ist die Marienkirche in Staig (Alb-Donau-Kreis) zu erkennen: Der markante rote Ziegelbau mit dem kleinen weißen Kirchturm ist das Wahrzeichen des 3.200-Seelen-Dorfes. Die Kirche gehört allerdings weder der Gemeinde noch der Kirche, sondern Peter Rau, einem privaten Restaurator. Dieser will die Kirche an die Gemeinde verkaufen - doch die scheint kein Interesse an ihrem Wahrzeichen zu haben.
Marienkirche in Staig: Für eine symbolische Mark gekauft und saniert
"Die haben hier Dübel verwendet und damals gab es ja noch keinen rostfreien Stahl", sagt Restaurator Peter Rau während er Fotos der alten Marienkirche durchstöbert. Lange war das Wahrzeichen der Gemeinde eine verlassene Ruine. Mäuse hüpften in der Orgel, die Kirchenbänke aus Holz waren vermodert, das Dach und die Fenster kaputt.

Kinder hätten die Kirche beim Spielen mit Steinen beworfen, erinnert sich der 83-jährige Peter Rau zurück. "Man hat die Kirche ja ganz bewusst schlecht geredet. Man hat nicht gemerkt, was das hier für ein Kleinod ist." Er habe den Wert des denkmalgeschützten Gebäudes aber erkannt.
Man hat nicht gemerkt, was das hier für ein Kleinod ist.
Als sich die katholische Kirchengemeinde in den 1960er Jahren für einen Neubau entschied, wollte man die Kirchenruine ganz abreißen. Die Denkmalbehörde in Stuttgart erhob allerdings Einspruch. Restaurator Peter Rau kaufte daraufhin die heruntergekommene Kirche - für eine symbolische Mark von der Kirche ab. Rund 1,8 Millionen Mark steckte er - mit Zuschüssen des Denkmalamts und des Landes - in die Sanierung des Gotteshauses.





Nach der Sanierung der Kirche: Rückkauf der Gemeinde?
Peter Rau geht einige Schritte durch seine Kirche, die heute ein Veranstaltungsraum ist. Vom Schandfleck von damals ist hier nichts mehr zu sehen. Die hölzerne Empore ist noch erhalten, die damals zerborstenen Scheiben sind ausgetauscht, einige Gemälde übermalt. Die vergammelten Kirchenbänke sind modernen Stühlen gewichen. Wo einst der Altar stand, parkt jetzt ein schwarzes Klavier.
Peter Rau hat einen Entschluss gefasst: "Ich würde das Gebäude gerne an die politische Gemeinde verkaufen", sagt er im großen Saal und fügt an: "Für kulturelle Zwecke." Das sei damals auch so abgesprochen worden.
"Der erste Bürgermeister von damals hat immer gesagt: 'Ja, Herr Rau, restaurieren Sie doch das Gebäude, das können Sie günstiger machen als die Gemeinde und wir kaufen das dann irgendwann mal zurück.' Das war die Grundidee", erklärt Peter Rau seine Sicht der Dinge.
Gemeinde Staig will ihr Wahrzeichen gar nicht zurück haben
Doch so einfach, wie es sich der Restaurator vorstellt, gestaltet sich der Rückkauf der Kirche nicht. Im Rathaus sitzt längst nicht mehr der, mit dem der Deal besprochen wurde, sondern Bürgermeister Sascha Erlewein (CDU). Schriftlich festgehalten wurde damals nichts.
Es wurde immer kommuniziert, dass die Gemeinde eine Nutzung sucht, aber versprochen wurde hier nichts.
"Ich habe meinen Vorgänger natürlich gefragt, was in der Vergangenheit besprochen worden ist", so Erlewein. "Es wurde immer kommuniziert, dass die Gemeinde eine Nutzung sucht, aber versprochen wurde hier nichts."

Die damals neu gebaute Kirche in Sichtweite der Marienkirche ist mittlerweile fast zu groß. Dort und in anderen Gebäuden der Gemeinde gäbe es genügend Platz für Vereine, Ausstellungen und Kultur, so der Bürgermeister. Außerdem würde der Rückkauf ein tiefes Loch in die Gemeindekasse reißen. "Wir können die Investition von 1,5 Millionen Euro einfach nicht eingehen", gibt Erlewein zu, "weil wir es dem Steuerzahler auch gar nicht erklären können."
Restaurator Peter Rau: "Man muss natürlich den Willen haben"
Mit Kirchenbesitzer Peter Rau habe er bereits gesprochen und ihm die schlechte Nachricht übermittelt, lässt Erlewein wissen. "Man muss natürlich den Willen zu Veränderung haben", kontert Rau. Gleichwohl verstehe er die finanziellen Sorgen der Gemeinde, bei einer solch stolzen Summe.
"Unten in der Kirche könnte man auf lange Sicht zum Beispiel ein kleines Café einbauen", sagt er. Auch einen Mietkauf bringt Rau ins Spiel: Die Gemeinde könnte das Gebäude anmieten und nach und nach abbezahlen. Auch eine Privatperson wie einst er könnte die Kirche übernehmen.
Mit einem Augenzwinkern verkündet er seine letzte Idee: "Die Evangelische Kirche könnte mal den Mut haben und sagen: Wir drehen die Geschichte mal um. Wir schließen nicht alle Kirchen, sondern probieren einen neuen Anfang." Die Suche nach einem Käufer oder einer Käuferin geht also weiter.