Interview mit der neuen Landesvorsitzenden der Grünen, Lena Schwelling

"Wir müssen auch über Themen wie die Impfpflicht sprechen"

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AUTOR/IN
Peter Köpple

Die Ulmer Kommunalpolitikerin Lena Schwelling ist auf dem Parteitag der Grünen in Heidenheim zur neuen Landesvorsitzenden gewählt worden. Im SWR-Interview spricht sie über ihre Ziele.

Die 29-Jährige tritt in einer Doppelspitze gemeinsam mit Pascal Haggenmüller aus Karlsruhe das neue Amt an. Im SWR-Interview sagte Schwelling, was nun als Nächstes auf die Partei zukommt und was sie aus ihrer Aufgabe als Stadträtin in Ulm mitnimmt in die Landespolitik.

SWR: Die Grünen sind in Baden-Württemberg stärkste Regierungspartei. Da hat natürlich das Wort einer Landesvorsitzenden erhebliches Gewicht. Was wollen Sie anpacken? Welches sind jetzt die wichtigsten Aufgaben, die die Grünen möglichst sofort in Angriff nehmen müssen?

Lena Schwelling: Wir haben in den letzten Jahren viele Wahlkämpfe gehabt. Die Landtagswahl, die Bundestagswahl natürlich. Und da muss man ehrlicherweise sagen, ist einfach die Parteiarbeit auch ein bisschen auf der Strecke geblieben. Jetzt haben wir den großen Luxus, bis zur Kommunalwahl 2024 keine Wahlen zu haben. Und diese Zeit wollen wir nutzen, um uns innerparteilich neu aufzustellen. Wir sind gewachsen in dieser Zeit, unglaublich, wir sind jetzt über 16.000 Grüne in Baden-Württemberg und unsere Strukturen sind noch nicht ganz mitgekommen mit diesem Wachstum. Das heißt, wirklich dringlich ist die Aufgabe, sich innerparteilich neu aufzustellen.

Das sind jetzt erst mal rein organisatorische Angelegenheiten?

Nicht nur. Es geht auch beispielsweise um das Thema Oberbürgermeisterinnen und Bürgermeisterinnen in Baden-Württemberg. Das ist etwas, da sind wir Grünen im Vergleich zu den Erfolgen, die wir auf Landesebene haben, sehr, sehr schlecht aufgestellt. Und das ist etwas, das wir uns als Landesverband vorgenommen haben, das in den nächsten Jahren zu ändern und auch schlagkräftiger zu werden und vielleicht das ein oder andere Rathaus zu begrünen, und nicht nur mit Fassaden und Dachbegrünung.

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Die neuen Corona-Regeln beschäftigen die Menschen im Land derzeit wohl am meisten. Sie haben auf dem Parteitag in Heidenheim die Corona-Politik Ihrer eigenen Regierung auch kritisiert. Was sollte man dann nun verbessern?

In meinen Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern höre ich immer wieder, dass es einfach wahnsinnig verwirrend und frustrierend ist, dass die Verordnungen doch irgendwie ständig verändert und angepasst werden und herauskommen, ohne dass es klar ist, wie das jetzt alles umgesetzt werden soll. Das haben wir auch in der Kommunalpolitik deutlich gemerkt. Wenn beispielsweise etwas, das die Kitas betraf, am Wochenende herauskam und am Montag gleich umgesetzt werden sollte.

Dass heißt, wir müssen konsequenter werden, eine klare Linie fahren. Alles, was wir jetzt machen müssen, ist, den Gesundheitsschutz in den Mittelpunkt zu stellen. Das bedeutet, dass wir auch über Themen wie die Impfpflicht sprechen müssen, dass wir 2G-Plus im Idealfall überall konsequent anwenden. Und dass wir die Menschen dazu motivieren, sich impfen zu lassen und zur Not eben auch, indem wir sie sonst, so hart das ist, ein Stück weit vom gesellschaftlichen Leben ausschließen.

Aber wenn Sie von klarerer Linie sprechen und von einer konsequenten Anwendung von 2G-Plus, passt das zusammen mit den komplizierten Ausnahmen, die gleich wieder genehmigt wurden?

Sie legen den Finger in die Wunde. Das war natürlich ein Hin und Her in den letzten Tagen, das glaube ich niemanden von uns zufriedenstellen kann. Jetzt haben wir die Verordnung, wie sie ist, und ich verspreche mir viel davon, dass uns das hilft, wenn man das jetzt wirklich durchsetzt und auch kontrollier.. Dass es die Menschen einerseits dazu bringt, dass sie sich jetzt eben nach sechs Monaten boostern lassen. Da ist es aber auch entscheidend, dass die Impfangebote so vorhanden sind, dass das möglich ist.

Und zum anderen: Wir haben in der Vergangenheit in Ulm sehr gut sehen können, rund um den Weihnachtsmarkt, dass das für die Menschen ein Anlass war, sich regelmäßig testen zu lassen. Und ich glaube, dass solche Anlässe zu schaffen und so Infektionen frühzeitig zu entdecken, die vielleicht sonst gar nicht aufgefallen wären, dass das auch eine ganz wichtige Aufgabe ist. Wenn wir wirklich gucken, dass Testen und Impfen zusammengeht, dann können wir vielleicht diese Pandemie endlich besiegen und rauskommen aus einer Welle nach der anderen

Haben Sie viel aus der Ulmer Kommunalpolitik im Gemeinderat gelernt, was Ihnen jetzt als Landesparteichefin hilft?

Oh ja. Wir haben ja in Ulm ein ganz besonderes Miteinander zwischen Verwaltung und Gemeinderat, aber auch innerhalb der Fraktionen und zwischen den Fraktionen im Gemeinderat. Gerade in diesem Wissen, dass wir in Ulm am Ratstisch haben, dass wir uns zwar nicht in allen Themen einig sind, dass wir aber doch immer mit großem Respekt einander gegenübertreten und wissen, dass wir alle das Beste für diese Stadt suchen. Zwar auf unterschiedlichen Wegen, aber dieses Ziel gemeinsam verfolgen. Und ich glaube, wenn man mit dieser Haltung auch in der Landespolitik unterwegs ist, kann das Vieles einfacher machen.

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