"Räumen wir mal mit den Klischees auf", sagt Alexandra Junginger. Dass das Landfrau-Sein alles andere als out ist, davon ist sie überzeugt. "Wir machen und leisten viel mehr als nur Haushaltstipps und Rezeptideen zu geben", betont sie. Die junge Frau ist Biologin im Gesundheitsamt des Alb-Donau-Kreises und steht für den Wandel, den die Landfrauen in den vergangenen Jahrzehnten vollzogen haben.

Mittlerweile sind in den rund 600 Ortsvereinen im Südwesten Frauen mit den unterschiedlichsten Berufen zu finden. Junginger ist Ortsvorsitzende der Landfrauen in Bräunisheim, einem Ortsteil von Amstetten im Alb-Donau-Kreis. Ihr gefällt das "große Netzwerk und das wohlwollende Miteinander" in den Vereinen. Im 230-Seelen-Ort Bräunisheim seien die Landfrauen der größte Verein und sorgten für großen Zusammenhalt im Ort. Es gehe um Bildung und die Belange von Frauen in der Gesellschaft. In der Pandemie hat sie mit ihrem Verein Veranstaltungen zum Impfen und auch für die digitale Weiterbildung organisiert.
"Bei den Landfrauen schauen wir, dass wir alle aus jeder Generation mitnehmen und dafür sorgen, dass sie sich auch bei uns aufgenommen fühlt."
Die Landfrauen-Initiative habe sich aus einem großen Bildungshunger gegründet, erzählt die Vorsitzende des Kreislandfrauenverbandes Ulm, Renate Wolf. Seit 2012 leitet die Langenauerin den Verband. Nach dem Zweiten Weltkrieg hätten sich die Frauen "erstmal besser vernetzen" müssen. Dann seien nach und nach Bildungsreisen und auch Vorträge zu aktuellen Themen der nachfolgenden Jahrzehnte dazugekommen. Im Laufe der Zeit, so erinnert sich Renate Wolfs Vorgängerin, Johanna Preiß, sind die Ansprüche der Frauen an die Bildungsarbeit gestiegen.

Enger Draht der Landfrauen zur Politik
Politische Themen habe die Landfrauenbewegung immer auf der Agenda gehabt, so Wolf. Der Kreisverband hat im Kleinen in den 1990er Jahren zum Beispiel für eine bessere Krebsvorsorge in Ulm gekämpft, erzählt sie. Auch die Mütterrente sei ein Thema gewesen "bei dem wir uns für mehr Gerechtigkeit eingesetzt haben". Wenn in einer Gemeinde "schnelle und unkomplizierte Hilfe benötigt" werde "rufen die Bürgermeister oft unsere Ortsvorsitzenden an". In der Anfangszeit der Pandemie haben die Frauen Renate Wolf zufolge zum Beispiel mehrere Hundert Masken für die Kommunen im Land genäht.
"Heute wie damals sind für die Frauen aber die Themen Familie, Altenpflege und Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig".
Landfrauen nehmen auch Männer auf
Mittlerweile gibt es in Baden-Württemberg rund 53.000 Landfrauen. Im Übrigen seien auch Männer zugelassen, heißt es von den Landfrauen in Langenau. In den Verbänden sind alle Generationen vertreten. 30-Jährige seien genauso dabei, wie 90-Jährige. Auch Kinder engagieren sich in den verschiedenen Jugendgruppen.

Bis 27. März ist im Schwörhaus in Ulm die Wanderausstellung zum 75-Jubiläum der Landfrauen Initiative Baden-Württemberg zu sehen. Sie erzählt von den Wandlungen und Zielsetzungen der Frauenbewegung.