Inflation, Corona und ein Nachholeffekt machen sich bemerkbar

Schleppender Ticketverkauf für Veranstaltungen von Ulm bis Aalen

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Isabella Hafner (Foto: SWR)
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SWR Aktuell Autorin Christine Janke (Foto: SWR)

Der Vorverkauf für Konzerte oder Theaterveranstaltungen läuft trotz des Wegfalls der Corona-Beschränkungen überraschend schwach. Die Veranstalter sehen dafür mehrere Gründe.

Eigentlich ist jetzt wieder fast alles ohne Corona-Beschränkungen möglich. Zum Beispiel endlich wieder auf Konzerte gehen und sie nicht nur im Internet anschauen, endlich wieder in die Oper, endlich wieder ins Theater. Eigentlich müssten die Menschen ausgehungert nach kulturellen Erlebnissen sein. Doch die Realität sieht anders aus: Veranstaltungen sind keineswegs ausverkauft, Ticketverkäufe für Theater, Konzerte und ähnliches hinken hinter den Erwartungen her.

Das Ulmer Zelt in der Friedrichsau - aus der Vogelperspektive. (Foto: Daniel Grafberger)
Das Ulmer Zelt in der Friedrichsau - aus der Vogelperspektive (Symbolbild).

Raus in die Natur oder rein ins kulturelle Leben?

In der Ulmer Innenstadt ist die Haltung der Passanten zu kulturellen Veranstaltungen verschieden. "Auf einem Konzert ohne Maske mit so vielen Leuten würde ich mich noch nicht wohlfühlen", erzählt eine Frau, eine andere kann dagegen gar nicht genug bekommen: "Am Sonntag geht's wieder in die Oper, am Dienstag ins Ballett - Nachholbedarf!" Ein Passant meint: "Es zieht uns mehr raus in die Natur und weniger in den Theatersaal", ein anderer besucht eine Veranstaltung nach der anderen: "Ich bin sehr ausgehungert nach Kultur und geh fast jeden Tag in irgendein Konzert. Im Ulmer Zelt war ich jetzt drei Mal hintereinander. Aber ich bin überrascht, wie wenig Leute da sind."

Veranstalter haben mit mehr Ticketverkäufen gerechnet

Auch Adrian Büsselmann vom Organisationsteam des Ulmer Zelts ist überrascht davon, dass die Veranstaltungen im Zelt nicht ausverkauft sind. "30 Prozent weniger als in den vergangenen Jahren. Vor der Pandemie hatten wir tolle Besucherzahlen, jedes Jahr sind sie gestiegen."

Menschen auf der Bühne zur Probe für das Berblinger-Musical auf der Wilhelmsburg in Ulm (Foto: SWR, Hannah Schulze)
Outdoor-Veranstaltungen wie hier auf der Ulmer Wilhemsburg haben es offenbar leichter. Viele Menschen scheuen noch Menschenmengen in Innenräumen.

Mittlerweile sind die ersten drei Wochen Ulmer Zelt vorbei. Halbzeit. Adrian Büsselmann ist nun aber froh, dass für die kommenden, letzten drei Wochen mehr Karten verkauft worden sind. Er glaubt, dass sich die Leute jetzt eher trauen, weil sie die Situation - gerade auch, was Corona angeht, besser einschätzen können.

"Es waren sicherlich viele Leute, die gesagt haben: Ich wart mal lieber noch ab, ob alles da wirklich gut läuft, ob es da dann Corona-Ausbrüche gibt."

Bisher sei aber alles wunderbar gelaufen. Auch unter den Künstlern gab es noch keine Corona-Ausfälle. Büsselmann weiß aber jetzt schon: Selbst wenn noch viele Karten für die letzten 15 Veranstaltungen weggehen - das Zelt wird ein großes Defizit schreiben.

Generalprobe für die große Premiere: "Eine Woche voller SAMStage" wird am Naturtheater Heidenheim ab Sonntag aufgeführt. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Generalprobe für die große Premiere: "Eine Woche voller SAMStage" wird am Naturtheater Heidenheim ab Sonntag aufgeführt.

Weniger Vorverkauf, mehr Spontan-Käufe

Am Mittwoch starten auch die Konzerte im Klosterhof in Ulm-Wiblingen. Bis Sonntag stehen dort Stars wie Sarah Connor, Clueso und Jan Delay auf der Bühne. Doch Veranstalter Rolf Weinmann von Provinztour klagt ebenfalls über den Vorverkauf. Seine Erfahrung von Konzerten in anderen Städten ist: Wenn überhaupt, dann kaufen die Konzertbesucher spontan eine Karte. Das hänge damit zusammen, dass sie in den vergangenen zwei Jahren konzerttechnisch viel mitgemacht haben. "Viele der Konzerte wurden drei oder vier Mal verschoben. Da sind die Leute jetzt natürlich vorsichtig, findet es tatsächlich statt oder wirds nochmal verschoben", so Rolf Weinmann.

"Der zweite Grund ist, dass sehr viele Leute noch Tickets für Konzerte haben, die noch stattfinden. Von daher ist der Bedarf an Kultur für diese Leute momentan schon gedeckt."

Neue Konzerte seien deshalb zurzeit für viele so interessant wie ein neuer Urlaubskatalog. Erst wird gemacht, was schon bezahlt ist.

Eingang des Kulturbahnhofs in Aalen, in dem auch das Theater Aalen untergebracht ist.  (Foto: SWR, Frank Polifke)
Große Indoor-Veranstaltungen im Theater Aalen im Kulturbahnhof laufen aktuell noch schwach - Outdoor, so wie die litararischen Spaziergänge, mussten dagegen Zusatztermine angesetzt werden.

Theater eher mit Outdoor-Vorstellungen beliebt

Auch im Theater Ulm sind die Sitzplätze im großen Haus nur zur Hälfte besetzt. Die Theatergänger mit einem festen Abonnement fehlen derzeit, sagt Intendant Kay Metzger. Seit Corona gibt es kein Abonnement mehr. Jetzt müssten sich die Besucher selber um Karten kümmern - was wohl noch wenige tun. Im Theater Aalen läuft der Ticketverkauf genauso schleppend. Es kommt aber auf die Veranstaltung an, sagt Sprecher Gerhard Herfeldt. "Wir haben einen literarischen Spaziergang: Goethe im Park. Da haben wir Zusatzveranstaltungen ansetzen müssen." Größere Sachen im Saal würden sich dagegen schwieriger verkaufen. Gerhard Herfeldt vermutet dahinter auch finanzielle Gründe.

"Zurzeit hat man nun mal weniger Geld und dann ist die Überlegung, ob man für 20 Euro eine Theaterkarte kauft oder ob man das Geld nicht lieber für was Anderes benutzt."

Besser gehen die Tickets dagegen fürs Naturtheater Heidenheim weg. Nur Schulklassen seien weniger als sonst vertreten, wie Oliver von Fürich vom Naturtheater feststellt: Die Schulen seien zögerlicher, weil sie nicht wüssten, was im Sommer passiert. "Und dann ist es in vielen Schulen wahrscheinlich auch so dass sie sagen, wir müssen uns jetzt um den Unterricht kümmern und können nicht so viel außerschulisches machen", so von Fürich.

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