Ein Jahr lang lief in Ulm ein deutschlandweit einzigartiges Pilotprojekt namens „Kampf dem K.O.“ Dabei konnten sich Betroffene bei Verdacht auf K.o.-Tropfen in Notaufnahmen in Ulm und Neu-Ulm kostenlos auf die Substanzen testen lassen. Am Mittwoch wurde Bilanz gezogen: Es wurde kein einziger Fall gefunden.
Pilotprojekt zeigt: Ulm wohl kein Hotspot für K.o.-Tropfen
Ziel des Projektes war es herauszufinden, wie viele Menschen wirklich pro Jahr mit K.o.-Tropfen beim Ausgehen vergiftet werden. Vor allem erhofften sich die Verantwortlichen mehr Daten, um das Problem besser einschätzen zu können. Die Bilanz nach einem Jahr: 35 Personen wurden in Ulm und Neu-Ulm auf K.o.-Tropfen getestet, niemand war aber wirklich vergiftet. "Ich bin froh, dass wir keinen Fall haben", sagt Rechtsmediziner Sebastian Kunz.

Jedes zweite Wochenende war eine Person so stark beeinflusst, dass sie ärztliche Hilfe gebraucht und K.o.-Mittel vermutet hat.
Rechtsmediziner Kunz: "Das K.o-Mittel Nummer eins ist Alkohol"
Allerdings gehen die Verantwortlichen von einer hohen Dunkelziffer aus. "Wir haben keine positiven Tests bekommen, das heißt nicht dass es die nicht gibt", betont Diana Bayer, Leiterin des Frauenbüros der Stadt Ulm. Auffällig war bei den Tests vor allem der hohe Alkoholkonsum der Probanden.
"Jedes zweite Wochenende war eine Person so stark beeinflusst, dass sie ärztliche Hilfe gebraucht hat", so Sebastian Kunz. In diesen Fällen wurden K.o.-Tropfen vermutet, es konnte aber nichts nachgewiesen werden. Teilweise wurden Substanzen wie THC, also Cannabis, oder Kokain nachgewiesen. Eines ist für Sebastian Kunz klar: "Das K.o.-Mittel Nummer eins ist Alkohol."
Aufklärungskampagne der Stadt Ulm Teil des K.o.-Tropfen-Projekts
Weil die Substanzen beim Feiern meist heimlich ins Getränk geschüttet werden, wird den Betroffenen die Vergiftung erst im Nachhinein bewusst - und dann ist es meist schon zu spät. Das Problem: K.o.-Tropfen sind nur rund sechs bis zwölf Stunden im Urin und im Blut nachweisbar. Auch die Vielzahl der verschiedenen Substanzen und eine Hemmschwelle von Betroffenen, oft durch Scham ausgelöst, erschweren es an konkrete Zahlen zu kommen.
Um diese Hemmschwelle zu senken, startete die Stadt Ulm für das Pilotprojekt eine Kampagne im Internet und den Sozialen Medien. Dort berichteten Opfer von K.o.-Tropfen-Attacken über ihre Erfahrungen.
K.o.-Tropfen gibt es nicht nur im Club
Aus seiner Tätigkeit als Rechtsmediziner weiß Sebastian Kunz, dass auch im Verwandten- und Bekanntenkreis K.o. Tropfen eingesetzt werden. Oft in Zusammenhang mit gefilmten Sexualdelikten. Das habe zuletzt auch der Fall von Gisèle Pelicot gezeigt. In diesen Fällen sei es aber fast unmöglich an die Opfer heranzukommen, gerade weil sie oft selbst nichts davon bemerken. Deshalb liegt der Fokus aktuell vor allem auf der Clubszene.
Kooperationsprojekt mit Sozialministerium Kampf gegen K.o.-Tropfen: Pilotprojekt startet in Ulm
Ab Januar werden in den Notaufnahmen um Ulm Betroffene bei Verdacht auf K.o.-Tropfen getestet - ein deutschlandweit einzigartiges Pilotprojekt. Wieso es das Projekt gibt und was sich ändert.
Neben dem Ziel an Daten zu gelangen will das Projekt auch Informationen an Feiernde liefern und Bewusstsein schaffen. Außerdem werden mit dem Projekt Getränkeabdeckungen an Clubs und Bars in Ulm verteilt.
Keine Fälle in Ulm - trotzdem geht es mit den K.o.-Tropfen-Tests weiter
Trotz oder vielleicht gerade weil keine Fälle entdeckt wurden, soll das K.o.-Tropfen-Projekt bis Ende 2025 weitergeführt werden. Das Kultusministerium unterstützt das Projekt mit einer Förderung von rund 200.000 Euro. Es sollen noch mehr Daten gesammelt werden, um das Problem besser zu verstehen. Außerdem soll das Konzept angepasst werden.