Ängstlich schaut die Erdkröte - sie steht im Mittelpunkt heute. (Foto: SWR, Isabella Hafner)

Bund Naturschutz informiert über Krötenwanderung

Aktion im Kreis Neu-Ulm: Warum Kinder nur eine Kröte retten konnten

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Isabella Hafner
Isabella Hafner (Foto: SWR)

Kröten haben es auf dem Weg zu den Laichgewässern derzeit besonders schwer. Neben Straßen stoppt sie die Kälte. Kinder haben bei einer Rettungsmission am Ingstetter Weiher noch mehr erfahren.

Es ist nur eine kurze Zeit im Jahr: von etwa Mitte März bis Mitte April. Aber eine höchst riskante für Kröten. Wenn es warm wird, erwachen die Kröten aus ihrer Kältestarre und machen sich auf den Weg zu einem Laichgewässer. Für viele von ihnen endet die Wanderung allerdings tödlich: Sie werden überfahren.

Kinder wollen Kröten retten

Am Sonntag haben sich 15 Kinder mit ihren Eltern dort auf Rettungsmission begeben, wo es die meisten Amphibien im Kreis Neu-Ulm - rund 5.000 - und eine Straße gibt, die ihre Wanderroute durchschneidet: im Wald um den Ingstetter Weiher bei Roggenburg. Bernd Kurus-Nägele vom Bund Naturschutz hat ihnen Krötenretter-Grundwissen mitgegeben.

"Wenn ein Hund dann meint, er müsste die Kröte fressen, dann bekommt ihm das gar nicht gut."

Eine Erdkröte klemmt in der Hand von Bernd Kurus-Nägele und schaut ängstlich hin und her. 15 Kinder-Augenpaare starren sie an. "Die Haut ist braun, ein bisschen nass und glitschig. Und dann gibt es oben drauf so braune Hubbel. Das ist der Schutz für das Tier." Denn in den Warzen sei ein Gift, so der Naturschützer: "Wenn ein Hund dann meint, er müsste die Kröte fressen, dann bekommt ihm das gar nicht gut." Dann werde das Gift frei gesetzt.

Einmal eine Kröte anfassen - ein besonderer Moment für die Kinder bei der Aktion des Bundes für Naturschutz am Ingstetter Weiher (Foto: SWR, Isabella Hafner)
Einmal eine Kröte anfassen - ein besonderer Moment für die Kinder bei der Aktion des Bundes für Naturschutz am Ingstetter Weiher

Aber die Kinder beißen ja nicht in die Kröte. Die meisten wollen sie sogar unbedingt berühren. Gut, dass Bernd Kurus-Nägele die Kröte sicherheitshalber mitgebracht hat. Wer weiß, ob sie an diesem Tag überhaupt eine finden? Denn exakt zu Beginn der Rettungsmission fängt es an zu schneien. Und bei Kälte wechseln Kröten, Frösche und Lurche in eine Kältestarre. "Prinzipiell haben wir leider immer wieder diese Kälteeinbrüche, die dann die Wanderungen zum Stocken bringen. Ideal wäre es, wenn es durchgängig feucht und warm wäre", erklärt Kurus-Nägele. Also Nächte über fünf Grad plus und Regen. Denn die Tiere brauchen viel Feuchtigkeit, damit ihre Haut nicht austrocknet. Viele der seit Mitte März aufgesammelten Tiere seien "schon sehr angetrocknet" gewesen.

Kröten-Tunnel, Rettungsfallen und Zäune bei Roggenburg-Ingstetten

Dann geht's los. Aufgeregt laufen die Kinder durchs sumpfige Gras zum Krötenzaun - ein Plastikstreifen entlang der Schnellstraße. Davor gibt es alle 50 Meter ein Gefäß in der Erde. Da sollen die Tiere reinfallen. Freiwillige vom Bund Naturschutz holen sie morgens und abends heraus und tragen sie zum Weiher. Ohne solchen Schutz plus Hilfe gäbe es auch hier keine Kröten mehr, ist sich Kurus-Nägele sicher.

Krötenfalle: Aus solchen Gefäßen an der Straße beim Ingstetter Weiher holen Ehrenamtliche die Tiere und bringen sie über die Straße. (Foto: SWR, Isabella Hafner)
Krötenfalle: Aus solchen Gefäßen an der Straße beim Ingstetter Weiher holen Ehrenamtliche die Tiere und bringen sie über die Straße.

Dann laute Rufe: "Wir haben ein, yeah, yeah!" Alle sind begeistert. Ein Junge holt eine Erdkröte aus dem Sammelgefäß. Es ist der einzige Fund an diesem Sonntagnachmittag. Vielleicht haben einfach auch viele Tiere einen der kleinen Tunnel gefunden, unter der Straße durch zum Ingstetter Weiher.

Einmal bitte alle durch den Krötentunnel. (Foto: SWR, Isabella Hafner)
Einmal bitte alle durch den Krötentunnel.

Natürlich müssen die Kinder selbst diese sagenhafte Röhre gleich mal ausprobieren. Man muss ja wissen, wie sich eine Kröte fühlt. Kurz darauf transportieren sie fürsorglich mit ihren Eltern Kröte eins - die mitgebrachte - und Kröte zwei über die Straße. Übrigens sind es zwei Männchen. Das sieht man an den schwarzen Noppen an ihren paddelartigen Händen, sagt Bernd Kurus-Nägele. So können sie sich besser am Weibchen festhalten.

Dreimal mehr Kröten-Männchen am Ingstetter Weiher

Doch Männer-Zuwachs dürfte am Weiher bei deren Artgenossen keine Freude auslösen: "Bei den Erdkröten ist das Geschlechterverhältnis drei zu eins. Das heißt, drei männliche Tiere auf ein weibliches. Die müssen schauen, dass sie eine abkriegen. Da ist der Kampf immer entbrannt." Deshalb sehe man auch manchmal, dass ein weibliches Tier bereits während der Wanderung mit einem männlichen besetzt ist: Frau trägt Mann. "Und damit hat er sich seine Dame schon gesichert. Und das ist natürlich ein ganz toller Punkt für ihn."

Kinder stehen um eine sumpfige Stelle bei Roggenburg-Ingstetten herum, in der sie Kröten ausgesetzt haben. (Foto: SWR, Isabella Hafner)
Hier passiert den Kröten nichts mehr. Zeit für den Abschied.

Die Kinder sind nun an einem Zulauf des Ingstetter Weihers angekommen. Die perfekte Stelle, um die Krötenmännchen ihrem Schicksal zu überlassen. Kurz darauf lautes Gekreische: Kröte eins versucht wie wild gegen den Strom zu schwimmen - Kröte zwei versteckt sich augenblicklich. Die Kinder glauben, sie baue sich eine Höhle. Bernd Kurus-Nägele lässt das mal so stehen.

Ciao ciao, Kröte! Ein Junge setzt ein Tier an einem Zufluss des Ingstetter Weihers aus. (Foto: SWR, Isabella Hafner)
Ciao ciao, Kröte! Ein Junge setzt Kröte Nummer zwei an einem Zufluss des Ingstetter Weihers aus.