Deutschlands erster Bürgermeister mit afrikanischen Wurzeln

Bürgermeister von Heubach: "Die Menschen unterscheiden nicht nach Schwarz und Weiß"

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Die Wahl von Joy Alemazung zum Bürgermeister von Heubach hatte im Oktober für Schlagzeilen gesorgt. Denn er ist der erste deutsche Bürgermeister mit afrikanischen Wurzeln.

Joy Alemazung, Bürgermeister von Heubach im Ostalbkreis.  (Foto: SWR)
Joy Alemazung, Bürgermeister von Heubach im Ostalbkreis

Joy Alemazung ist nicht nur der erste schwarze Bürgermeister hier in der Region. Er ist auch der erste in der Bundesrepublik, der als Deutscher mit afrikanischen Wurzeln in dieses Amt gewählt wurde. Seit Dezember 2021 ist er jetzt Bürgermeister in Heubach im Ostalbkreis.

SWR: Ist der Alltag als Bürgermeister so, wie Sie sich ihn vorgestellt hatten?

Joy Alemazung: Das ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Weil: Davor hatte ich viel Kontakt mit anderen Bürgermeistern, mit Oberbürgermeisterinnen und -bürgermeistern. Deshalb hatte ich schon eine Ahnung. Ich war viel auf kommunaler Ebene unterwegs. Deswegen ist es so, wie ich es mit vorgestellt habe. Die Frage ist: Wie sind die Reaktionen darauf. Es läuft gut, ich kann mich nicht beschweren.

Wie ist das beispielsweise, wenn Sie die Stadt Heubach bei verschiedenen Anlässen repräsentieren? Werden Sie da öfter auf ihre Hautfarbe, auf Ihre Wurzeln in Kamerun angesprochen?

Gott sei Dank ist es so, dass die Menschen nicht einen schwarzen Menschen gesehen haben, sondern einfach einen Mensch gesehen haben. Das widerspiegelt sich in meinem Alltag. Ich erfahre das nicht, dass sie sagen: Oh, ein schwarzer Mensch! Sie sehen ihren Bürgermeister. Die Menschen in Heubach unterscheiden nicht nach Schwarz oder Weiß. Die sehen den Menschen und das freut mich sehr. 

So soll es natürlich auch sein, dass Ihre Qualifikationen, Ihre Fähigkeiten selbstverständlich im Vordergrund stehen. Was haben Sie bislang in Heubach erreichen können? 

Wir haben jetzt eine Reihe von Dingen auf die Wege gebracht, zum Beispiel unsere Nahwärmeversorgung. Vor allem der Krieg in der Ukraine zeigt uns, dass wir hier selbständig sein müssen, dass mehr Anschlüsse in die Häuser kommen. 

Wie werden die Heubacher Haushalte mit Energie versorgt?

Durch Nahwärme, Biogas von unseren Landwirten. Und wir suchen andere Möglichkeiten. Das gelingt uns auch. Außerdem haben wir im Bereich Jugendarbeit jetzt mit dem Jugendbeirat angefangen, weil wir wollen, dass die Jugendlichen Verantwortung übernehmen und sich einbringen. Wir arbeiten jetzt an einer Jugendgemeinderatsordnung. Wir haben mit Fair Trade angefangen, alle unsere Schulen sind dabei sehr aktiv. Wir haben schon Sitzungen gehabt mit Bürgerinnen und Bürger, die jetzt Vorschläge gemacht haben. Ich hatte während des Wahlkampfs gesagt: Bitte kommen Sie mit Ihrer Kritik und Ihrer Beschwerde. Aber vergessen Sie nicht, bringen Sie auch Vorschläge mit, wie man das lösen können. Zum Beispiel hat ein Grundstücksbesitzer eine Blumenwiese und ein Imkerprojekt vorgeschlagen, was mich sehr gefreut hat.

Wie kamen Sie nach Deutschland?

Ich bin im Juni 1997 als Student nach Deutschland angekommen und hatte eine Zulassung an der Universität Köln. Ich hatte einen naturwissenschaftlichen Hintergrund, habe aber extra Politik und Soziologie studiert, weil ich gedacht habe, ich muss zurückkehren und in Afrika, in Kamerun, mitgestalten.

Wie kam es dann zur Wende, statt in Afrika Politik mitzugestalten, dass Sie dann gesagt haben: Ich möchte gerne in Deutschland in die Politik gehen, gerade in einer Kommune?

Nach dem Studium habe ich angefangen, mich für Stellen in Kamerun und anderen Ländern zu bewerben. Nachdem ich mich mehrmals beworben hatte und es nicht geklappt hatte, habe ich angefangen zu überlegen, was mache ich? Und dann sagte meine Frau irgendwann, jetzt, wo unsere Kinder hier in der Schule sind, die wachsen hier auf, die bekommen hier ihren Sozialisationsprozess, da musste ich umdenken. Ich kann hier gestalten, ich bringe mich hier ein - überall, wo ich bin, in den Vereinen. Meine Kinder sind hier. Meine Kinder kennen Deutschland, die sind Deutsch sozusagen. Das heißt, ich habe die Verantwortung, jetzt die Zukunft zu gestalten für die Generation meiner Kinder. Und das findet hier in Deutschland statt. 

Eines ihre Hobbys ist Fußball. Sie waren sogar mal Jugendtrainer beim SV Werder Bremen. Haben sie für Fußball noch Zeit?

Leider nicht. Aber ich arbeite daran. Ich habe auch vielen AH-Mannschaften hier bei mir, wo ich wohne in Lindach und natürlichen in Heubach, versprochen, dass ich zum Training komme. Das werde ich machen. Eine Jugendmannschaft würde ich gern trainieren, aber die Zeit fehlt.

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