Im Rückblick der Staatsanwaltschaft Ulm auf das vergangene Jahr ist am Donnerstag auch ein aktueller Fall Thema gewesen: Die antisemitischen Schmierereien in Langenau vergangenes Jahr und die schiefgelaufene Kommunikation der Staatsanwaltschaft vor wenigen Tagen.
Lehr: "Justiz nicht auf dem rechten Auge blind"
Der leitende Oberstaatsanwalt Christof Lehr hat sich bei der Pressekonferenz für die Fehleinschätzung in diesem Fall entschuldigt. "In dem Verfahren ist alles schief gelaufen", fasst er die vergangenen Tage zusammen. Ein Kollege habe "eine falsche Entscheidung" getroffen und fälschlicherweise kommuniziert, dass die Ermittlungen eingestellt worden wären, um Ressourcen zu sparen.
In Wahrheit hat die Staatsanwaltschaft Ulm allerdings nur die Ermittlungen gegen einen Tatverdächtigen vorerst eingestellt, da nicht mehr als ein Anfangsverdacht vorliege. Gegen Unbekannt werde allerdings weiter ermittelt, auch wenn Lehr wenig Hoffnung hat, den Täter zu finden. "Das ist sehr bedauerlich."
Antisemitismus kann in Deutschland keine Heimat haben und wir verfolgen das mit aller Härte.
Gegen Vorwürfe, die Justiz sei auf dem rechten Auge blind, wehrt sich der Oberstaatsanwalt. "Antisemitismus kann in Deutschland keine Heimat haben und wir verfolgen das mit aller Härte." In diesem Fall war allerdings die Kommunikation "unterirdisch." Der Kollege habe das auch eingesehen, "ihm passiert es nicht mehr", so Lehr.
Steigende Fälle im Bereich der Staatsanwaltschaft Ulm
Nicht nur wegen der Schmierereien in Langenau hat die Staatsanwaltschaft Ulm alle Hände voll zu tun. Es sind rund zehn Prozent mehr Verfahren eingegangen als noch im Vorjahr, in fast allen Bereichen der Straftaten. "Das belastet uns natürlich deutlich", so Lehr, der für die stark gestiegenen Zahlen noch keine richtige Erklärung hat.

Besonders Taten in Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen seien auf dem Vormarsch. Zwar sei die Staatsanwaltschaft auch sensibler im Umgang damit geworden. Das würde diesen Anstieg von psychisch erkrankten Tätern aber nicht erklären.
Wichtig ist Lehr in dem Zusammenhang zu erwähnen, dass Verurteilte mit psychischen Erkrankungen keinen "Hotelvollzug" bekommen. "Die forensische Psychiatrie hat genauso Gitter vor den Fenstern und es ist eigentlich keine Endstrafe absehbar." Als Beispiel nennt Lehr einen Mann, der seit 35 Jahren in der Psychiatrie untergebracht ist und noch immer keine Chance hat, in absehbarer Zeit auf freien Fuß zu kommen, "weil er einfach so gefährlich ist."
Entlastung durch das Cannabisgesetz?
Einen Rückgang gab es bei den Drogendelikten. Das wiederum sei einfach zu erklären, es fallen durch das neue Cannabisgesetz einige Straftaten weg. Beschäftigt habe dieses Gesetz die Staatsanwaltschaft Ulm dennoch sehr.
Durch die Amnestie-Regelung habe sich ein Kollege über einen Monat durch alte Verfahren arbeiten müssen, erklärt Lehr. Für den Oberstaatsanwalt ein Ärgernis. "Die Menschen haben damals Unrecht getan, haben gegen geltendes Recht verstoßen und deshalb ist mir persönlich jetzt nicht richtig einleuchtend, warum dann im Nachhinein ein Rabatt gegeben werden soll."
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Rückblick auf aufsehenerregende Fälle
Bei der Jahrespressekonferenz blickt die Staatsanwaltschaft traditionell auch immer auf Fälle, die besonders schwer, bewegend oder kurios waren. Wie zum Beispiel der Bauschaum-Fall, bei dem die Ermittlungen nach wie vor laufen und die Verdächtigen mit russischer Spionage in Verbindung gebracht werden.
Besonderes Augenmerk richtet die Staatsanwaltschaft Ulm auch auf Schockanrufer. Das sei noch immer "ein Riesenproblem", das man nicht richtig in den Griff bekomme. Trotz eines kürzlichen Erfolgs: Ein vermeintliches Opfer erkannte die Betrugsmasche schnell. Es stimmte einem Treffen mit den Tätern dennoch zu und bestellte dann die Polizei zum Treffpunkt. Von einer Nachahmung rät die Staatsanwaltschaft jedoch ab. Man solle sich auf keinen Fall in Gefahr bringen.