"Ein ganz tolles Schauspiel, spannend gemacht, ganz fantastisch," schwärmt eine Zuschauerin, "und die Schauspieler sind erstklassig!" Auch wenn der Stoff des norwegischen Dramatikers Henrik Ibsen durchaus beklemmend ist, fügt ein Premierengast am Donnerstagabend hinzu: "Eine sehr moderne und ausgezeichnete Inszenierung. Menschliche Abgründe ohne Ende, sehr schön interpretiert." Viel Lob erntet die exzellente Marie Luisa Kerckhoff in der Titelrolle. Ihre Hedda Gabler ist gelangweilt und blasiert, klug und zynisch, einfach unglaublich präsent und überzeugend in ihrer verzweifelten Boshaftigkeit.

Ulmer Zuschauerin: "Es passt in diese Corona-Zeit"
Im Großen Haus des Theaters Ulm inszeniert der Berliner Gastregisseur Andreas Nathusius den Ibsen-Klassiker, der in verunsichernden Zeiten der Pandemie durchaus den Nerv der Zeit trifft und existenzielle Fragen nach dem Sinn unseres Daseins aufwirft. Da sieht eine Ulmer Zuschauerin durchaus Parallelen zur heutigen Krisenstimmung in der Pandemie: "Von daher passt es eigentlich ganz gut in diese Corona-Zeit, die ja auch düster ist." Im psychologisch tiefsinnigen Ibsen-Drama spiegeln sich die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht nur des Bürgertums im 19. Jahrhundert.
Chefdramaturg: "Tolles Abbild für unsere Gesellschaft"
Der geniale Theatertext stammt zwar von 1890, er ist aber im Grunde genommen immer noch ein tolles Abbild auch für unsere Gesellschaft", betont Chefdramaturg Christian Katzschmann. Es geht nämlich auch um die allfällige Sinnkrise. "Was stellt unsere Gesellschaft an Lebenssinn zur Verfügung außer Konsum und Karriere?", fragt Katzschmann, der auch stellvertretender Theaterintendant ist. Diese Frage kann das Ulmer Publikum am Ende trotz aller Beklemmung mit nach Hause nehmen. "Also, worum geht es mir persönlich eigentlich im Leben? Wenn man sich das fragt nach so einem Theaterabend, ist viel gewonnen."