Die Universität Ulm begründete die Ehrung damit, aktiv dazu beigetragen zu haben, die Verdienste des jüdischen Medizin-Professors Hans Hirschfeld aus Berlin zu verdrängen und seine Leistungen zu vergessen. Im Fokus steht der Gründungsrektor der jungen Ulmer Universität, Ludwig Heilmeyer. Er habe sich die Verdienste Hirschfelds praktisch zu eigen gemacht.

Nach Heilmeyer war in Ulm bis vor einem Jahr noch eine Straße benannt. Das hat die Stadt allerdings inzwischen geändert.
Der jüdische Arzt und Wissenschaftler Hirschfeld war in den Zwanziger Jahren in Berlin äußerst erfolgreich. Er hatte sich auf Bluterkrankungen spezialisiert und war auf dem Gebiet der Hämatologie international zu einem der renommiertesten Mediziner geworden. Der Mediziner hatte ein wegweisendes Standardwerk herausgegeben, das "Handbuch der allgemeinen Hämatologie".
Bei der zweiten Ausgabe dieses Handbuchs aus dem Jahr 1957, lange nach dem Tod Hirschfelds im Konzentrationslager der Nationalsozialisten, taucht Ludwig Heilmeyer als Herausgeber auf. Es wurde mit keinem Wort erwähnt, dass dieses Buch eigentlich auf Hans Hirschfeld zurückgeht.
"Heilmeyer hat Hirschfeld ignoriert"
"Heilmeyer hat Hirschfeld ignoriert", sagt der Ulmer Medizinhistoriker, Professor Florian Steger. Es gehöre sich aber, wenn der frühere Herausgeber gestorben sei und noch dazu unter den Nationalsozialisten so gelitten habe, diesen zu würdigen. "Das passierte 1957 nicht, und das passierte in den Jahren danach nicht".
Überhaupt wollte man nach dem Krieg auch in der Wissenschaft vom Schicksal jüdischer Kollegen wenig wissen. Da zählte die eigene neue Karriere mehr, erklärt der Medizinhistoriker. "Das war die Stimmung der Zeit in der frühen Bundesrepublik. Zu dieser Elitekontinuität gehörte ganz wacker und stramm Ludwig Heilmeyer, der Gründungsrektor dieser Universität."
Die Uni Ulm hat dazu beigetragen, die Verdienste und Leistungen Hirschfelds zu vergessen und zu verdrängen, sagte am Montag auch der Präsident der Universität, Professor Michael Weber. "Man hat vieles einfach verschwiegen und sich Meriten, die Hans Hirschfeld erworben hatte, selbst zu eigen gemacht, um in der eigenen Karriere nach vorne zu kommen". Das seien Mahnungen, an die man sich heute erinnern soll mit der Benennung des Hans-Hirschfeld-Platzes an der Einfahrt zum Universitätsgelände.

Nachfahren bei Einweihung des Platzes
An der feierlichen Einweihung des Platzes nahmen auch Nachfahren von Hans Hirschfeld teil, darunter Jan Watzlawik. "Für uns ist es eine Freude", sagt er, "und wir sind auch sehr dankbar, dass wir eingeladen wurden." Sein Ururgroßonkel habe in der Familie immer eine große Rolle gespielt und zahlreiche Briefe hinterlassen.
Über das Leben von Hans Hirschfeld hat die Universität Ulm mit der Gesellschaft für Hämotologie auch eine Ausstellung eröffnet. Sie ist im Forum der Universität am Südeingang zu sehen.