Antonie Neumann hatte schon länger vergeblich nach einem schönen Platz für ihr blaues Minihaus gesucht. Dann bekam sie überraschend über die Gemeinde Kammeltal (Kreis Günzburg) ein Pachtangebot in Behlingen, in der Nachbarschaft von Kirche und Kindergarten, und zögerte nicht lange. "Eigentlich wollte ich ein wenig ländlicher wohnen, aber jetzt ist es schön so, wie es ist", findet die 70-Jährige. Denn sie bekommt oft Besuch und die Kinder winken ihr zu, wenn sie auf ihrer schönen Terrasse sitzt.
Mit einem Tiny House Ressourcen und Platz sparen
Schon allein aus ökologischen Gründen konnte es Antonie Neumann nicht mehr mit sich vereinbaren, allein in ihrem Bauernhaus, einem 270 Quadratmeter großen Areal, so viele Ressourcen "zu verschwenden". Jetzt habe sie mit ihrem 27 Quadratmeter großen Tiny House "einen wunderschönen ökologischen Fußabdruck."
Tiny House: "Ich habe alles, was ich brauche"
Für die Wärme im Minihaus sorgen die Solarpanels auf dem Dach. Wenn es nicht reicht, ist ein Stromnetz da. Und der kleine Holzofen im Wohnzimmer ist auch oft im Einsatz. Mit der gut ausgestatteten Küche, der kuscheligen Lese-Ecke, einem Bad mit Dusche und WC sowie einer Schlafebene, zu der eine schmale Treppe hinaufführt, habe sie "alles, was ich brauche", sagt Antonie Neumann. Ihr einst so großes Haus, das die Heilpraktikerin ganz in der Nähe mit ihren Kindern bewohnte, vermisst sie nicht.
Wenige Bauplätze für die kleinen Häuser
Doch Antonie Neumann ist im Umkreis die einzige Tiny House-Besitzerin. Generell sei man im Kreis Günzburg für die baugenehmigungspflichtigen Minihäuser zwar offen, heißt es bei den zuständigen Behörden, aber ausgewiesene Flächen habe man derzeit nicht in Planung. Tiny Houses können auch auf gepachteten Grundstücken stehen, Angebote gibt es aber wenig.
Neu-Ulm - mit Tiny Houses Baulücken schließen
Karen Bounaga von der Stadtentwickung Neu-Ulm sieht das Aufstellen der Minihäuser auf Pachtgrundstücken als zukunftsweisend: "Wenn jemand zum Beispiel ein Grundstück hat, von dem er sich, aus welchen Gründen auch immer, nicht trennen möchte, könnte das eine gute Alternative für eine Zwischennutzung sein." So könnte vorübergehend Wohnraum geschaffen werden.
Tiny Houses - kostengünstige Eigenheime
Auch seien Tiny Houses im Gegensatz zum Einfamilienhaus eine kostengünstigere und ressourcensparende Variante, sie kämen mit weniger Grundstücksfläche aus. Tiny House Siedlungen seien bisher im Kreis Neu-Ulm nicht geplant, auch, weil die Nachfrage zu gering sei. Wer ein Tiny House aufstellen möchte, müsse, wie bei anderen Häusern, einen Bauplatz suchen und eine Baugenehmigung einholen, so Bounaga.
Ulm: bald Neubaugebiet mit Tiny House-Plätzen
Anders ist es auf der anderen Seite der Donau: "Bei uns kommen in letzter Zeit recht häufig Anfragen für Tiny House-Plätze", sagte Stadtplanerin Carola Christ dem SWR. Daher wolle man dem Bedarf nachgehen. Derzeit sei im Zusammenhang mit dem Neubaugebiet "Eschwiesen III" im Ulmer Stadtteil Wiblingen geplant, auch ein Areal für Tiny Houses zu schaffen. Im Schnitt passten drei Häusern auf rund 500 Quadratmeter Grundfläche, so Christ. Wichtig sei der Stadtplanung aber eine Durchmischung verschiedener Wohnformen.
Alb-Donau-Kreis: Argumente abwägen
Auch andere Gemeinden und Städte, wie etwa Langenau (Alb-Donau-Kreis), haben keine ausgewiesenen Flächen für Tiny Haus-Siedlungen in Planung. Wer aber einen Einzelplatz findet, könne jederzeit einen Bauantrag stellen, heißt es bei der zuständigen Baurechtsbehörde.
Lonsee: Bürgermeister sieht auch Kritikpunkte
Auch im kleinen Lonsee denkt man über eine Zukunft mit Tiny Houses nach, sieht aber auch Kritikpunkte. Bürgermeister Jochen Ogger (CDU) ist es trotz der Nachfrage nach günstigem Wohnraum wichtig, gewachsene Dorfstrukturen zu erhalten: "Wir freuen uns natürlich, wenn Menschen vor allem lange bei uns bleiben und sich in die Gemeinschaft einbringen. Tiny Houses - sie bedeuten oftmals nur eine Lebensphase - da habe ich Angst, dass die Leute dann schnell wieder weiterziehen, das wäre für die Dorfstruktur nicht gut. Ein Negativbeispiel seien die sogenannten Trailer Parks in den USA, regelrechte Wohnwagen-Siedlungen für Menschen mit wenig Geld. Trotzdem wolle man das Thema "neue Wohnformen" weiter diskutieren.