Sanierung der Gmünder Unterwelt gestartet

Gewölbekeller erzählen Schwäbisch Gmünder Stadtgeschichte

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Frank Polifke
Frank Polifke (Foto: SWR, SWR - Alexander Kluge)
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Rainer Schlenz
Rainer Schlenz (Foto: Spiesz-Design/Sabine Weinert-Spieß)

In der Altstadt von Schwäbisch Gmünd werden derzeit sieben Gewölbekeller aus dem Mittelalter saniert. Damit sie auch künftigen Generationen von der Gmünder Stadtgeschichte erzählen.

Der heutige Einstieg in die Keller: Eine Treppe im Boden, verborgen unter Holzbohlen. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Solange die Keller noch nicht saniert sind, besteht der Zugang aus einer etwas lehmigen und nicht sonderlich vertrauenerweckenden Treppe, die im Boden verborgen ist. Unter mehreren nebeneinander liegenden Holzbohlen, die zum Betreten mühsam hochgewuchtet und zur Seite gezerrt werden müssen. Erst dann kann man in die Finsternis der Schwäbisch Gmünder Unterwelt hinabsteigen. Bild in Detailansicht öffnen
Eine einzelne mittige Säule trägt die ganze statische Last in einem der Keller. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Dieser Keller ist eine Seltenheit: ein Ein-Stützen-Raum. Die - zugegeben - malerisch wirkende Säule trägt die Last ganz allein! Sandra Bosch ist eine erfahrene Denkmalschützerin - aber das hatte sie zuvor noch nie gesehen! Bild in Detailansicht öffnen
Ein ebenfalls sehr niedriger, höhlenartig wirkender Keller. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Bei längerem Aufenthalt droht da schon mal Platzangst. Vor allem unter Berücksichtigung der Tatsache, dass darüber Häuser stehen - und die statische Sanierung ja erst noch kommt... Bild in Detailansicht öffnen
Markus Schurr vom Amt für Gebäudewirtschaft leuchtet mit der Halogenlampe in den nächsten Keller hinein, der zur Besichtigung ansteht. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Kopf einziehen! Der nächste Keller ist noch niedriger als der vorangegangene. Bild in Detailansicht öffnen
Der Plan des Ensembles aus insgesamt sieben mittelalterlichen Gewölbekellern. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Hier nochmal der Plan in groß. Die Gewölbekeller wurden großteils im 13. Jahrhundert angelegt und gehen damit auf die Zeit der Staufer zurück. Die Häuser, zu denen sie damals gehörten, sind nicht mehr die, die heute über ihnen stehen. Die heutigen Häuser haben praktisch keine Verbindung zu den Kellern. Bild in Detailansicht öffnen
Die beiden Mitarbeiter der Gmünder Stadtverwaltung beugen sich über einen Plan des Kellerensembles. (Foto: SWR, Frank Polifke)
War das jetzt Keller fünf oder sechs? Selbst die Fachleute der Stadt kommen da ins Grübeln - und werfen sicherheitshalber einen Blick auf den Plan. Insgesamt gehören sieben Keller zum Ensemble. Nicht die einzigen mittelalterlichen Gewölbekeller in Schwäbisch Gmünd. Aber die einzigen, die der Stadt gehören und nicht in Privatbesitz sind. Der Entscheidung, sie zu sanieren, hat der Gemeinderat einstimmig zugestimmt. Bild in Detailansicht öffnen
Markus Schurr vomAmt für Gebäudewirtschaft weist an einer Säule auf Spuren des Verfalls hin - die im Zweifelsfall gefährlich werden können und dringend statisch gefestigt werden müssen. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Doch man trifft nicht nur auf mittelalterliche Spuren. Die Keller wurden auch in jüngerer Zeit genutzt, das zeigen Stromkabel. An der Säule kann man aber auch erkennen, dass sie für künftige Besucherführungen eine statische Ertüchtigung benötigen. Bild in Detailansicht öffnen
Sandra Bosch von der unteren Denkmalbehörde der Stadt zeigt den Keller eines Steinhauses - mit niedriger Decke. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Ein ganz besonderer Keller: Darüber war früher ein Steinhaus - was in der Spätromanik im 13. Jahrhundert in Schwäbisch Gmünd noch selten war. Die meisten Häuser hatten zwar einen Steinkeller, waren aber selbst Fachwerkhäuser. Der Hauseigentümer gehörte vermutlich zu den besser gestellten Bürgern der Stadt. Nach heutigen Massstäben war er vermutlich auch klein - die Decke ist gut für die eine oder andere schmerzhafte Berührung. Bild in Detailansicht öffnen
Sandra Bosch von der unteren Denkmalbehörde der Stadt zeigt auf eine so genannte "Lichtnische" in der Kellerwand - ein Platz zum Abstellen von Kerzen oder Lampen. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Gleich neben der Treppe weist Sandra Bosch von der unteren Denkmalbehörde auf eine Nische in der Wand hin: eine Lichtnische. Hier haben die Bewohner.innen früher ihre Kerze oder ihr Petroleumlämpchen abgestellt, wenn sie den Keller betreten haben. Dann führt sie das Grüppchen weiter durch das unterirdische Labyrinth. Bild in Detailansicht öffnen
Markus Schurr vom Schwäbisch Gmünder Amt für Gebäudewirtschaft öffnet ein Tor an einem alten Haus. Ein stockdunkler Treppenabgang ist schemenhaft zu erkennen. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Der Zugang zur Unterwelt: Durch diesen dunklen Schlund werden die Besucherinnen und Besucher künftig die Gewölbekeller in der Schwäbisch Gmünder Altstadt betreten. Markus Schurr vom Amt für Gebäudewirtschaft der Stadt öffnet ihn schon mal für die neugierigen Medienvertreter. Bild in Detailansicht öffnen

Im Schein der Halogenleuchte ist an der Mauer ein hingekritzeltes Zeichen erkennbar. Ein Steinmetz hat da seine Initialen hinterlassen, so viel ist Sandra Bosch klar. Doch Näheres dazu muss die Mitarbeiterin der Unteren Denkmalbehörde noch herausfinden. Die Gewölbekeller bergen das eine oder andere Geheimnis, das wird bei der Begehung klar. Schon der Zugang selbst.

Markus Schurr vom Amt für Gebäudewirtschaft leuchtet mit der Halogenlampe in den nächsten Keller hinein, der zur Besichtigung ansteht. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Kopf einziehen! Der nächste Keller ist noch niedriger als der vorangegangene.

Die nebeneinander liegenden Holzbohlen auf dem Boden gleich neben dem neuen Schattentheater fallen fast nicht auf. Als Markus Schurr vom Amt für Gebäudewirtschaft einige beiseite zerrt, kommt ein Treppenabgang zum Vorschein. Unten ist es eng und ein bisschen feucht. Das ist ein ganz besonderer Keller, erklärt Sandra Bosch – und wird ein bisschen feierlich. Der Keller gehörte zu einem der seltenen Steinhäuser des mittelalterlichen Schwäbisch Gmünd.

"Das ist hier das Hauptziel. Spätere Generationen sollen das Gleiche auffinden und die gleichen Rückschlüsse auf die Stadtgeschichte ziehen können wie wir."

Im 13. Jahrhundert waren die Menschen im Durchschnitt noch etwas kleiner, das zeigt manche Deckenberührung schmerzhaft. Sieben Gewölbekeller gehören zu dem Ensemble. Sie sind deutlich älter als die Häuser, die heute darüberstehen, und haben keine Verbindung zu ihnen. Alle auf städtischem Grund, und die Stadt will sie nun für gut 240.000 Euro sanieren und erhalten.

Eine Location für Parties sollen sie allerdings nicht werden, stellt Markus Schurr vom Amt für Gebäudewirtschaft klar. Nach Ende der Sanierung werden die sieben Keller als Ensemble unter Denkmalschutz gestellt. Sandra Bosch hofft, dass sie den Besuchern künftig ein Kapitel früher Gmünder Stadtgeschichte erzählen: "Das ist hier das Hauptziel. Spätere Generationen sollen das Gleiche auffinden und die gleichen Rückschlüsse auf die Stadtgeschichte ziehen können wie wir."

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