Im März 2022 soll der neue Landesbischof oder die neue Landesbischöfin der evangelischen Kirche in Württemberg bestimmt werden (Symbolbild). (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow)

Kirche näher zu den Menschen bringen

Oberkochenerin und Ulmer Dekan kandidieren fürs Bischofsamt

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Eine Theologin und ein Theologe aus der Region bewerben sich um die Leitung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg: Viola Schrenk aus Oberkochen und Ernst-Wilhelm Gohl aus Ulm.

Im März soll die Nachfolge des evangelischen württembergischen Landesbischofs Frank Otfried July bestimmt werden. Die Entscheidung soll die Frühjahrssynode am 17. März 2022 treffen. Ein Nominierungsausschuss hat insgesamt drei Kandidierende vorgeschlagen.

Porträt Viola Schrenk (Foto: Ludmilla Parsyak)
Viola Schrenk aus Oberkochen bewirbt sich um das Amt der Landesbischöfin der Evangelischen Landeskirche in Württemberg

In Viola Schrenks Geburtsurkunde steht zwar "Aalen". Aufgewachsen ist die 51-Jährige aber in Oberkochen im Ostalbkreis. Ihr Vater war dort Pfarrer. Die promovierte Theologin hat noch einen weiteren Bezug zum Ostalbkreis: Von 2007 bis 2010 war sie Aushilfspfarrerin in Schwäbisch Gmünd, von 2010 bis 2017 Gemeindepfarrerin in Aalen-Waldhausen. Heute betreut Viola Schrenk Theologiestudentinnen und -studenten im traditionsreichen Evangelischen Stift in Tübingen. Bei ihrer Kandidatur für das Amt der Landesbischöfin wird sie vom Arbeitskreis "Offene Kirche" unterstützt, der liberalen Gruppierung innerhalb der württembergischen Landessynode.

Jungen Menschen Verantwortung übertragen

Das studentische Umfeld und der Kontakt zu jüngeren Menschen hat Folgen für ihre Kandidatur: Als Landesbischöfin würde Viola Schrenk ihnen mehr Verantwortung geben - und dadurch für die Kirche begeistern.

"Ich finde, dass wir als Kirche viel Energie, Ideen und Kreativität verschenken, weil wir Jüngeren oftmals nicht wirklich etwas zutrauen."

Nicht zuletzt bei der Besetzung von Ämtern fehle das Zutrauen in die Jugend, weiß sie das aus eigener Erfahrung. "Da wird dann oft gesagt: 'Du bist ja noch jung.' Was so viel heißt wie 'du hast noch wenig Erfahrung' oder 'jetzt mal langsam'." Kirche müsse junge Leute auch mal machen lassen, hält sie dagegen. Nur mit mehr Beteiligung werde Kirche für die Jüngeren attraktiv.

Kirche durch gute Arbeit attraktiver machen

Grundsätzlich müsse die Kirche aber attraktiver werden, um den massenhaften Austritt aufzuhalten, oder sogar Ausgetretene um Wiedereintritt zu motivieren, ist Viola Schrenk überzeugt. An einigen entsprechenden Stellschrauben will sie drehen, sollte sie im März 2022 zur ersten württembergischen Landesbischöfin gewählt werden. Als guten Ansatzpunkt sieht sie die Arbeitswelt.

"Wenn die Landeskirche als eine gute Arbeitgeberin wahrgenommen wird, erreicht das einen bestimmten Prozentsatz an Menschen. Oder wenn die sozialen Einrichtungen durch eine gute Arbeit bestechen, dann wäre das ein Feld, das Menschen anzieht." Die kämen dann vielleicht nicht in den Gottesdienst, würden aber mit kirchlichen Themen etwas Positives verbinden.

Einer der Bewerber ums Amt des Bischofs: Ulm Dekan Ernst-Wilhelm Gohl (Archivbild) (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Evangelische Landeskirche in Württemberg)
Einer der Bewerber: Ulm Dekan Ernst-Wilhelm Gohl (Archivbild)

Ulmer Dekan Gohl tritt als Mann der Mitte an

Einer der beiden Gegenkandidaten von Viola Schrenk ist Ernst-Wilhelm Gohl. Seit 15 Jahren ist der gebürtige Stuttgarter Dekan in Ulm. Der 58-Jährige gehört in der Württembergischen Landessynode zum Arbeitskreis "Evangelium und Kirche". Er ist damit der Kandidat der Mitte, zwischen den eher konservativen Pietisten auf der einen und der liberalen offenen Kirche auf der anderen Seite. Gohl sucht das Verbindende beider Richtungen. Vorschläge sollten nicht ideologisch bewertet werden, sondern danach, was für die Kirche in der jeweiligen Situation die beste Lösung ist. Mit dieser sachorientierten Haltung will er Synodenmitglieder anderer Arbeitskreise für sich gewinnen.

Kirche muss mit den Menschen in ihrer Sprache sprechen

Auch Ernst-Wilhelm Gohl ist es ein dringendes Anliegen, den Exodus der Kirche aufzuhalten. Menschen, die sich von der Kirche entfernt oder bisher keinen Bezug zu ihr entwickelt hätten, will er wieder für kirchliche Themen interessieren. Ein Weg dahin: Mit den Menschen in ihrer Sprache sprechen. "Wir müssen verständlich reden," ist sein Credo.

"Wir machen ja im Advent im Ulmer Münster jeden Tag eine Andacht. Da kommen viele Bibelferne. Da musst du verknappen und einfach eine Sprache reden, die sie verstehen."

Da kommen tolle Rückmeldungen, erzählt der Dekan. Gerade von Kirchenfernen hört er da auch mal: "Ich war schon lange nicht mehr in der Kirche, aber da habe ich mir noch nie überlegt, das ist ein guter Gedanke."

Ökumene auch ohne gemeinsames Abendmahl voranbringen

Ein weiteres Thema, das Ernst-Wilhelm Gohl voranbringen will, sollte er zum Landesbischof gewählt werden, ist die Ökumene. Als erfolgversprechenden Ansatz sieht er die gemeinsame praktische Arbeit der beiden großen, christlichen Kirchen vor Ort. In der Klinikseelsorge funktioniere das schon jetzt sehr gut, so seine Erfahrung. "Zwischen der Diözese Rottenburg-Stuttgart und der Württembergischen Landeskirche gibt es eine Vereinbarung, wonach die Klinikseelsorge gemeinsam betrieben wird.

Man trennt nicht mehr nach Konfessionen, sondern nach Stationen in den Kliniken. Wenn ein Patient aber gezielt nach einem evangelischen oder katholischen Seelsorger fragt, dann kommt der natürlich", so Gohl. In der Notfall- und der Telefonseelsorge funktioniere die Zusammenarbeit ebenfalls sehr gut. Für Gohl ist das erfolgreich gelebte Ökumene. Wenn man in der Seelsorge gut kooperiert, wächst das Andere auch, ist er überzeugt.

Diakonie-Experte tritt für Konservative an

Dritter Kandidat ums Bischofsamt ist Gottfried Heinzmann. Der 56-Jährige, geboren in Neuenstadt am Kocher im Kreis Heilbronn, tritt für den konservativen Gesprächskreis "Lebendige Gemeinde" an. Der 56-Jährige ist Vorstandsvorsitzender der "Zieglerschen", einem diakonischen Unternehmen mit Sitz im oberschwäbischen Wilhelmsdorf, das unter anderem Einrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe unterhält.

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SWR